Ein Kommentar von Lukas Haslwanter, Angestellter im Einzelhandel und Mitglied des Parteivorstands der Partei der Arbeit Österreichs
Gestern begannen die Kollektivvertragsverhandlungen für die 418.000 Angestellten und 15.000 Lehrlinge im Einzel‑, Groß- und Kfz-Handel und sind auch schon wieder vorbei. Gebracht haben sie, wie die Gewerkschaft GPA-djp gestern Abend noch bekannt gab, 1,5% Lohnerhöhung, Zuschläge für alle, die zu Silvester arbeiten müssen, und 150 Euro Corona-Prämie für die Beschäftigten, die in Unternehmen arbeiten, die „es sich leisten können“.
Im Vergleich zu Vorjahren ein sehr schneller Abschluss im Einzelhandel. Im Jahr 2019 zogen sich die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel über Monate und es kam erst kurz vor Silvester zu einem Abschluss. Ein Abschluss, der unter anderem die Ausweitung der Öffnungszeiten zu Silvester vorsah, obwohl Gewerkschaft und Betriebsräte zumindest zum Schein monatelang dagegen polemisiert hatten, allerdings ohne je Kampfmaßnahmen in Betracht zu ziehen, und auch mit dem Wissen, dass sie die Ausweitung der Öffnungszeiten im Kollektivvertrag für 2019 bereits unterschrieben hatten. Die Partei der Arbeit hielt damals zu Recht fest, dass Gewerkschaftsführung und Betriebsräte als verlängerter Arm der Unternehmer agieren.
Die Feststellung von damals wird durch den Abschluss von gestern mehr als unterstrichen. Das Ergebnis kam aber wenig überraschend, die GPA-djp hatte von Anfang an verkündet, nur eine Inflationsabgeltung und Prämien für Beschäftigte in Unternehmen, die es sich leisten könnten, anzustreben, ansonsten wäre ihnen vor allem der Erhalt von Arbeitsplätzen wichtig. Wie sich zeigt, ist man sich zumindest bei den ersten beiden Punkten schnell einig geworden, 1,5% Lohnerhöhung und wer es „sich leisten kann“, zahlt 150 Euro Prämie und oben drauf gabs noch einen Zuschlag zu Silvester geschenkt. In welcher Höhe und ob dieser den ganzen Tag oder erst ab einer gewissen Uhrzeit bezahlt wird, war zumindest gestern Abend nicht mehr zu erfahren.
Eines zeigt sich immer deutlicher: die Arbeiteraristokraten in Betrieb und Gewerkschaft sind die Verbündeten der Unternehmer. Die Krisenkosten wurden von Beginn an auf die Beschäftigten abgewälzt, die Kurzarbeit wird aus unseren Beiträgen in die Arbeitslosenversicherung und aus dem Budget, das auch Großteils die Werktätigen über die Steuern aufbringen, bezahlt. Finanzielle Unterstützung und Subventionierung von Unternehmen wird also von den Steuern auf unsere Arbeit bezahlt und für den Joberhalt sollen wir jetzt eine möglichst niedrige Lohnerhöhung hinnehmen und auf eine Corona Prämie verzichten, wenn das Unternehmen vorgibt, sich eine solche nicht leisten zu können. Mit etwas Glück werden wir auch tatsächlich in den nächsten Jahren nicht gekündigt, mit Pech geht es uns wie den Beschäftigten bei ATB, MAN, Swarovski und vielen anderen Betrieben, die fleißig eingestrichen haben, was sie konnten, und jetzt ihre Arbeiterinnen und Arbeiter vor die Türe setzen.
Einen Finger kann man brechen, fünf Finger sind eine Faust!
Zurecht könnte man einwenden, dass die Österreicherinnen und Österreicher immer etwas zu sudern finden, das Sudern aber nichts an den Verhältnissen ändert. Das ist richtig, deshalb bleiben wir auch nicht beim sudern stehen. Wir müssen unser Leben endlich selbst in die Hand nehmen und uns nicht mehr von Politikern, Unternehmern und Arbeiteraristokraten wahlweise erzählen lassen, sie würden das schon für uns regeln, oder es wäre kein Geld da. Wir müssen uns mit unseren Arbeitskolleginnen und – kollegen beraten und zur Wehr setzen. Einen von uns können sie kündigen, setzen wir uns gemeinsam zur Wehr, sind sie machtlos. Holen wir uns, was uns zusteht. Bilden wir eine kämpferische Front der Angestellten, Arbeiterinnen und Arbeiter! Machen wir Schluss mit Ausbeutung und Profiten auf unserem Rücken!