Im August 1521 erobern die Spanier das Zentrum des Aztekenreiches und richten ein Massaker an. Die indigenen Völker Mexikos leiden bis heute unter Unterdrückung und Ausbeutung.
Am 13. August 1521 endete die Belagerung Tenōchtitlans mit der Einnahme und weitgehenden Zerstörung der Stadt durch die spanischen Konquistadoren um Hernán Cortés. Damit war der letzte indigene Widerstand im Tal von Mexiko gebrochen und das Königreich Spanien konnte seine Stellung als unangefochtene Kolonialmacht in Mittelamerika weiter ausbauen. Auf die verbrecherische Blockade Tenōchtitlans, die Ende Februar 1521 begonnen hatte, und das schrittweise Massaker an der Bevölkerung folgten Jahrzehnte der Sklaverei, Jahrhunderte des Kolonialismus, der Entrechtung und Unterdrückung der indigenen Völker Mexikos, die auch heute nicht überwunden sind.
Ankunft und zwischenzeitliche Vertreibung der Spanier
Als die Spanier im Jahr 1519 – 27 Jahre nach der „Entdeckung“ Amerikas durch Christoph Kolumbus – im Tal von Mexiko ankamen, war Tenōchtitlan das politische und wirtschaftliche Zentrum des Aztekenreiches. Es herrschte König Montezuma II. in einem aristokratischen Stadtstaatenbund, in dem halbfeudale Bedingungen gegeben waren. Die Entwicklungsstufe war in entscheidenden Facetten gegenüber Europa niedriger, die Azteken kannten weder die Eisenverarbeitung noch eine über Bebilderung hinausgehende Schrift noch das Rad. Trotzdem war Tenōchtitlan beeindruckend. Über 100.000 Menschen lebten in mehrstöckigen Häusern, die nochmals von den Palast- und Sakralbauten überragt wurden – und dies alles in einem großen See: Die Stadt war auf insgesamt 13 Quadratkilometer großen Inseln des Texcoco-Sees angelegt worden und mittels künstlicher Dammwege mit dem Festland verbunden. Diese Dämme aus Stein und Erde waren mittels Zugbrücken unterbrochen, was einen Angriff erschwerte – auf eine Stadtmauer konnte Tenōchtitlan verzichten.
Gewiss waren die Spanier am 8. November 1519, als sie die Stadt erstmals zu Gesicht bekamen, vom Anblick überwältigt. Ihr Anführer Cortés wusste sehr gut, dass es hier das geben würde, was er suchte: Gold und Silber in großen Mengen, denn die aztekische Aristokratie und die Kaufleute waren reich, die Tempel mit allerlei Schätzen gefüllt. Zunächst gelang es den Spaniern mit geringer Truppenstärke, aber überlegener Waffentechnik und v.a. ihren Schusswaffen so weit Einfluss zu erlangen, dass Montezuma quasi zu ihrer Marionette wurde. Durch Übergriffe, Entweihungen und Plünderungen machten sich die europäischen „Gäste“ bei der Bevölkerung stetig unbeliebter, schließlich wandten sich die Untertanen gegen ihren eigenen König. Nach dessen Tod in Gefangenschaft der Spanier und einer Volksergebung mussten die Konquistadoren am 30. Juli 1520 aus Tenōchtitlan fliehen, wobei hunderte zu Tode kamen.
Belagerung und Fall des Aztekenreiches
Doch Cortés plante seine Rückkehr: Er nutze Rivalitäten unter den indigenen Völkern der Region, um einheimische Verbündete gegen Tenōchtitlan zu sammeln, die ihm militärisches Fußvolk zur Verfügung stellten. Das war auch notwendig, denn den Spaniern selbst waren nur noch rund 500 Mann verblieben. Als Cortés im Februar 1521 wieder am Texcoco-See erschien, wurde die Stadt eingeschlossen und blockiert: Die Versorgung mit Trinkwasser – der See selbst war salzhaltig – und mit Lebensmitteln wurde unterbrochen, die Bewohner sollten ausgehungert werden. Gleichzeitig bauten die Spanier dreizehn Schiffe, um die eingeschlossenen Azteken auch zur See zu blockieren und anzugreifen. Das Hauptkampfgebiet bildeten aber zunächst die Dämme: Die Verteidiger versuchten es mit Barrikaden ebenso wie mit der Zerstörung von Dammwegen und Brücken, doch die Spanier rückten immer weiter vor gegen die zunehmend geschwächten Azteken, die gegen Feuerwaffen und Kanonen ohnedies keine Chance hatten. Als die Spanier das eigentliche Stadtgebiet erreichten, entwickelte sich ein regelrechter Häuserkampf, in dem die Angreifer dadurch die Oberhand behielten, indem sie einfach alle Gebäude zerstörten und niederrissen. Am 13. August, nach einer fast halbjährigen Belagerung, war es dann so weit: Die letzten Verteidigungslinien der Azteken wurden von den Spaniern durchbrochen und Tenōchtitlan vollständig eingenommen. Es folgten tagelange Plünderungen und blutige Massaker an den Einwohnern, der aztekische König Cuauhtémoc wurde bei einem Fluchtversuch mit einem Kanu gefangengenommen und später ermordet.
Cortés‘ Rache und das heutige Mexiko
Nach dem Fall Tenōchtitlans machten die Spanier die Stadt dem Erdboden gleich, alle Bewohner wurden vertrieben und durften erst nach zwei Monaten zurückkehren – zumindest in die Außenbezirke. Im Zentrum hatten sich inzwischen die Spanier eingerichtet: An der Stelle des Palastes von Montezuma errichteten sie die Residenz des Generalgouverneurs des Vizekönigreiches Neuspanien, zu dem Cortés ernannt wurde, am Platz des zerstörten Haupttempels eine christliche Kathedrale. Nun, da die spanische Herrschaft gesichert war, kamen zigtausende Spanier ins Tal von Mexiko, während die indigenen Völker, die allesamt unterworfen wurden, nun versklavt und ausgebeutet wurden: Sie mussten auf den Latifundien und in den Minen der Kolonialherren schuften, waren der Zwangschristianisierung ausgesetzt, und massenhaft starben sie an Krankheiten, die aus Europa eingeschleppt worden waren und gegen die die indigenen Völker keinerlei Abwehrkräfte hatten: Pocken, Masern, Grippe. Allein von 1519 bis 1565 wurde die indigene Bevölkerung Mexikos von 25 Millionen Menschen auf 2,5 Millionen reduziert – ein Völkermord im großen Stil, durch Krieg, harte Zwangsarbeit, Vertreibung, Unterversorgung, Raub, willkürliche Gewalttaten und – wenngleich unbeabsichtigte – biologische Waffen.
Die Stadt Tenōchtitlan selbst verschwand in der Geschichte bzw., richtiger, unter der neuaufgebauten Hauptstadt Neuspaniens: Diese erhielt 1535 den Namen México, der später auf das ganze Land überging. Heute ist die Ciudad de México – Mexiko-Stadt – eine Millionenmetropole, unter der die Trümmer Tenōchtitlans kaum noch aufzufinden sind. Ebenso wie der See Texcoco, der im Laufe der Jahrhunderte von den Spaniern fast vollständig trockengelegt wurde.
In den heutigen Vereinigten Staaten von Mexiko, deren Unabhängigkeitserklärung von 1810 vor genau 200 Jahren, 1821, von Spanien anerkannt worden war, bemüht man sich offiziell wieder vermehrt um sein indigenes Erbe. Doch dies geschieht eher oberflächlich. Von rund 130 Millionen Mexikanern gehören etwa zehn Prozent zu den überlebenden indigenen Völkern, darunter neben den Azteken z.B. auch Nachkommen der Maya-Kultur. Diese Menschen werden bis heute diskriminiert, in der mexikanischen Klassengesellschaft stehen sie ganz unten, mit erheblichen Missständen in sozialer, wirtschaftlicher, gesundheits- und bildungspolitischer Hinsicht. Das verbrecherische Erbe des europäischen Kolonialismus und des spanischen Konquistadorentums wirkt nicht nur bis heute weiter, sondern es wird im Kapitalismus und Imperialismus mit etwas anderen Mitteln fortgesetzt – eine tatsächliche Gleichberechtigung und Emanzipation der indigenen Völker ist unter den gegebenen Bedingungen nicht vorgesehen. Aber es gibt regionalen Widerstand, z.B. im südlichen Bundesstaat Chiapas. Schlussendlich wird es trotzdem die Aufgabe des Sozialismus sein, das Joch zu brechen und alle Menschen aus Unterdrückung und Ausbeutung zu befreien.