Am heutigen 7. Jänner jährt sich der Todestag des österreichischen Schriftstellers und Regisseurs Helmut Zenker (1949–2003) zum 20. Mal. Zenker begann seine künstlerische Tätigkeit als Arbeiterautor mit Romanen, Erzählungen, Hörspielen und Gedichten in den frühen 1970er Jahren, indem er sich als ein Vertreter des sozial- und gesellschaftskritischen neuen Realismus etablierte. Einem breiteren Publikum wurde er allerdings erst durch seine TV-Reihen „Kottan ermittelt“ und „Tohuwabohu“ bekannt. Zenker war zeitlebens ein dezidiert politischer Autor, der parteiisch im Sinne der Arbeiterklasse und des antikapitalistischen Kampfes für den Sozialismus blieb. Zum 20. Todestag bringen wir untenstehende Auszüge aus einem Essay Zenkers, die dessen künstlerisch-politisches Selbstverständnis verdeutlichen.
was mir beim wort literatur einfällt und was ich selbst schreiben möchte
die unfreiheit der gesellschaft ist dementsprechend auch die unfreiheit der kunst (der literatur). was nicht in den christlichsozialen oder sozialdemokratischen rahmen passt oder sich nicht wie meist in „roten reihen“ ohne bedeutung abladen lässt, wird unterdrückt … denen, die schreiben, inhalte transportieren wollen, sind die wege verstellt.
die künstler machen es sich selbst leicht und der gesellschaft, die sich mit ihnen repräsentiert, als helfershelfer, die an der unterdrückung direkt und indirekt mitarbeiten … der übliche literat ist ein schmarotzer, ein kleiner zwar, der aber doch auf kosten der mehrheit existiert, die er nicht einmal hinters licht führen braucht, sondern nur dahinter belässt.
ich bin auch immer weniger daran interessiert, ob andere autoren schreiben können oder nicht. das ist ein überflüssiges nachdenken. wenn sie zur bestehenden gesellschaft, zur realität keinen mucks machen, sind sie mir gleichgültig, weil sie damit nur beweisen, worum es ihnen geht: ein dichter sein, ein dichterbild werden, wie ein dichter behandelt sein wollen.
ich komme aus einer schicht, die zu fast nichts berechtigt ist. vielleicht fällt es mir deswegen leichter, auf überorganisierte sprache zu verzichten. ich bin jetzt und hier und will mir keine falsche und geschickte individualität stricken, auf dem rücken einer unberechtigten mehrheit, die sich zwar nach wie vor gern an der relativen anhebung des lebensstandards erfreut, für die aber doch der gesellschaftliche grundwiderspruch lebensbestimmend ist: kapital und lohnabhängigkeit.
ich weiß noch nicht, wie viel mit literatur möglicherweise zu machen ist. ich möchte nicht mitkasperln, ich möchte nicht mitverantwortlich sein.
Quelle: Helmut Zenker, „Spottbuch“, Wien 2013, S. 141–147