HomeFeuilletonSportFußball-EM: Kein Arnautović, kein Tor, nix – Niederlage gegen Niederlande

Fußball-EM: Kein Arnautović, kein Tor, nix – Niederlage gegen Niederlande

Ohne den gesperrten Marko Arnautović setzte es für das ÖFB-Team bei der Europameisterschaft eine Niederlage gegen die Niederlande. Diese war quasi einkalkuliert, nun geht es gegen die Ukraine um den Aufstieg ins Achtelfinale.

Amsterdam. Im zweiten Gruppenspiel der Fußball-EM wurden die Grenzen der österreichischen Nationalmannschaft recht deutlich markiert: Der 2:0 Sieg der Niederländer war nie gefährdet und souverän. Die Schwächen der ÖFB-Elf sind letztlich immer dieselben: In der Defensive kommt es zu vermeidbaren Fehlern, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen – diesmal war es sogar Topstar und Kapitän David Alaba, der nach nur zehn Minuten einen Elfmeter verschuldete, den Memphis Depay freilich gerne annahm (11.). Damit konnte die Elftal ihre Offensivbemühungen bereits ein wenig entspannter angehen, und die Österreicher kommen lassen – das taten diese aber eher zurückhaltend, um es freundlich zu formulieren: Fehlendes Tempo, fehlende Genauigkeit, damit verbunden viele unnötige Ballverluste, und fehlende Ideen führten dazu, dass über 90 Minuten plus Nachspielzeit eigentlich kaum eine wirklich zwingende Tormöglichkeit zu Buche stand. Insofern bleibt es dem ÖFB-Team diesmal zumindest erspart, über mangelnde Chancenauswertung zu sprechen, denn es gab keine. Und somit war es gegenüber den Niederländern, die in punkto Geschwindigkeit, Umschaltspiel und Präzision, aber auch Defensivarbeit gewiss eine Klasse besser waren, nur eine Frage der Zeit, bis man sich das zweite, entscheidende Tor einfangen würde: In der 63. Minuten besorgte Dumfries das 2:0 in einer Szene, die symptomatisch für das Match war. Darüber hinaus hatte das Oranje-Team noch mindestens zwei weitere Top-Chancen, weswegen das Resultat aus österreichischer Sicht noch relativ in Ordnung ist.

Arnautović von UEFA gesperrt

Ob es nun mit einem spielberechtigten Marko Arnautović besser gelaufen wäre, ist eine müßige Überlegung. Österreichs offensiver Kreativ- und Freigeist war von der UEFA für ein Spiel gesperrt worden, nachdem er infolge des von ihm erzielten 3:1 gegen Nordmazedonien den Gegenspieler Alioski bzw. dessen Mutter beleidigt hatte – der betroffene Spieler hatte davon zwar gar nichts gehört und stand nicht als Zeuge zur Verfügung, und auch die Vorwürfe einer rassistischen Entgleisung Arnautovićs reduzierten sich letztlich auf selbsternannte Lippenleser. Doch der nordmazedonische Fußballverband erstattete Anzeige, woraufhin die UEFA-Schiedskommission tätig werden musste: Der Rassismusvorwurf wurde nicht weiterverfolgt, doch es war eben ungebührliches, beleidigendes Verhalten, das Arnautović an den Tag gelegt haben soll, was derselbe nach dem Spiel im Zuge einer Entschuldigung ja auch eingestanden hatte. Die UEFA zog sich damit ein bisschen aus der Affäre, denn freilich hätte man den Anlass verwenden können, um tatsächlich mal über ausufernden nationalen Chauvinismus im Fußball zu sprechen – nämlich z.B. über großalbanische Gesten oder türkisches Salutieren für einen Aggressionskrieg. Einfacher ist es natürlich, ein Floridsdorfer Arbeiterkind mit Migrationshintergrund dafür zu bestrafen, dass er kein Akademiker und kein Bilderbuch-Gentleman ist, sondern eben ein Wiener Prolo, der gelernt hat, sich in Transdanubien und in der Balkan-Community nichts gefallen zu lassen, nicht auf dem Platz, nicht daneben. Denn natürlich hat Alioski über 90 Minuten provoziert – und bei Arnautović hat er dann halt den richtigen gefunden. Freilich, dies sind Erklärungen, keine Entschuldigungen, doch die UEFA-Sperre war in dieser Form letztlich heuchlerisch und realitätsfern: Eine Geldstrafe hätte es auch getan.

Gegen die Ukraine um Aufstieg ins Achtelfinale

Wie dem auch sei – die österreichische Niederlage gegen die Niederlande zeigt unterm Strich lediglich, dass es für das Team nicht zum EM-Titel reichen wird, was ja auch eine absurde Forderung gewesen wäre. Mit dem Gruppensieg ist es demgemäß auch nix, aber auch das war nicht das eigentliche Ziel – dieses lautet Aufstieg ins Achtelfinale, woran sich wenig geändert hat. Die Niederländer sind als Gruppensieger durch, die Nordmazedonier sind nach der zweiten Niederlage (1:2 gegen die Ukraine) raus – und Österreich und die Ukraine kämpfen noch um die K.O‑Phase: Dabei haben die Osteuropäer insofern ein bisschen optimalere Karten, als ihre Tordifferenz mit 4:4 minimal besser ist als die österreichische mit 3:3 – daraus folgt, dass im „Endspiel“ zwischen diesen beiden Mannschaften am kommenden Montag der Ukraine ein Unentschieden reicht, um Gruppenzweiter zu werden, wohingegen das ÖFB-Team hierfür einen Sieg benötigt (was durchaus möglich erscheint, auch Arnautović wird wieder spielen dürfen). Mit einem Remis wäre Österreich nur Dritter, was aller Wahrscheinlichkeit aber auch den Aufstieg bedeuten würde, da die vier besten der sechs Gruppendritten ebenfalls ins Achtelfinale kommen – im Prinzip wäre das sogar bei einer (knappen) Niederlage noch denkbar. Und es wäre sogar nicht einmal ein Beinbruch: Der Zweite der Gruppe C spielt im Achtelfinale mit annähernder Gewissheit gegen Italien und somit einen absoluten Turnierfavoriten. Demgegenüber trifft man als Gruppendritter zwar auch auf einen Gruppensieger, aber z.B. Spanien oder Portugal sind ja auch nicht schlimmer als Italien. Insofern kann man sagen: Für das Ziel des Überstehens der Gruppenphase ist nach dem Niederlande-Match nichts verloren – es war eine erwartbare Niederlage –, die Österreicher haben nach wie vor alles in der eigenen Hand und gute Möglichkeiten für den Aufstieg. Und wenn man dann auch noch ins Viertelfinale kommen möchte, braucht es sowieso eine Sonderleistung und eine Überraschung – auch das ist und war immer klar.

Abschließend noch das Positive zum gestrigen Spiel in Amsterdam: Beim ÖFB hat man sich ein bisschen besonnen, nämlich in der Dressenwahl – die unerträglichen türkisen Hosen wurden durch schwarze ersetzt. Geht so.

Quelle: ORF

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