Im Atlantik gerät das System der warmen und kalten Meeresströmungen aus den Fugen – mit potenziell weitreichenden Folgen für das Klima in Europa.
Potsdam. Die Atlantische Umwälzzirkulation befindet sich nach Berechnungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer Abwärtsspirale: Die ozeanischen Strömungen im Atlantik schwächen sich ab, sie verlieren an Stabilität und Dynamik. Dies könnte insofern folgenreich sein, als das System der Meeresströmungen wesentlich für klimatische Bedingungen ist – aber eben auch umgekehrt durch diese beeinflusst wird. Zum atlantischen System gehört der berühmte Golfstrom, dessen Verlängerung durch den Nordatlantikstrom bis zu den britischen Inseln und sowie den Fjorden Norwegens reicht und für relativ milde klimatische Bedingungen in Westeuropa sorgt. Doch genau dies könnte sich absehbarer Weise ändern.
Die Atlantische Umwälzzirkulation bedingt einen umfassenden Wärmeausgleich: Ihre Ströme bringen an der Meeresoberfläche warmes Wasser in Richtung Norden, während in tieferen Schichten kaltes Wasser zurückströmt. Gibt es hier ein Ungleichgewicht und eine Abschwächung, so impliziert dies unerfreuliche Konsequenzen. Zu diesen gehören eine deutliche Abkühlung in West- und Nordeuropa, für Mitteleuropa stünden hingegen ironischer Weise Hitzewellen in Aussicht, da der Zustrom von Warmluft aus dem Süden begünstigt würde. Gleichzeitig wäre damit zu rechnen, dass im Atlantik häufiger Wirbelstürme auftreten – und zwar nicht nur in den Tropen.
Die Gründe für die festgestellte Abschwächung der atlantischen Ozeanströme sind zum Gutteil im Klimawandel zu finden: Das Abschmelzen der Gletscher, nicht zuletzt des grönländischen Eisschildes und nordpolaren Eises, führt dem Atlantik große Mengen leichten Süßwassers zu, was die Atlantische Umwälzzirkulation durcheinanderwirbelt und schlimmstenfalls gänzlich zum Kippen bringen könnte. Am PIK geht man davon aus, dass man dem Kipppunkt bereits sehr nahe kommt und eine kritische Schwelle erreicht wurde. Will man Schlimmeres verhindern, so hilft vor allem eines: Die globale Erwärmung stoppen, die CO2-Emissionen massiv reduzieren. Mit Regierungen, die vorrangig der rücksichtslosen kapitalistischen Profitgier dienen, sind Klima- und Umweltschutz jedoch oft nur Lippenbekenntnisse oder unzureichend – in Österreich sogar dann, wenn die Grünen in der Regierung sind.
Quelle: Süddeutsche Zeitung