Der Rückgang der Biodiversität in Gewässern verringert die Verfügbarkeit ungesättigter Fettsäuren, die essenziell für die Ernährung und kognitive Entwicklung vieler Arten, einschließlich Fischen, sind. Forscher fordern daher besseren Schutz von Gewässern, da die Folgen des Artensterbens oft schwer abzuschätzen sind.
Der Rückgang der Artenvielfalt in Gewässern beeinträchtigt die Nährstoffqualität für Mensch und Tier, wie ein internationales Forschungsteam unter Mitwirkung des Wasserclusters Lunz erstmals nachwies. Dies hat auch Auswirkungen auf die Intelligenz, da Fische dadurch weniger lernfähig werden. Laut einer im März von der Universität für Bodenkultur (BOKU) veröffentlichten Studie erfüllen etwa 50 Prozent der österreichischen Fließgewässer nicht die Anforderungen an einen guten ökologischen Zustand. Besonders bedroht sind dabei Krebse, Insekten und Wasserpflanzen, wobei der Gefährdungsgrad je nach Art variiert.
Rückgang ungesättigter Fettsäuren beeinträchtigt tierische Intelligenz
Ein internationales Forschungsteam, an dem auch die Universität Krems und der Wassercluster Lunz (Bezirk Scheibbs) beteiligt waren, hat in einem Fachartikel im Wissenschaftsjournal Science auf mögliche schwerwiegende Folgen hingewiesen. Demnach könnte der Rückgang ungesättigter Fettsäuren im Wasser und in aquatischen Arten die Nährstoffqualität beeinträchtigen und damit indirekt die Intelligenz bestimmter Arten negativ beeinflussen.
Martin Kainz, der die Universität Krems in der Forschung vertrat, erklärte gegenüber noe.ORF.at, dass ungesättigte Fettsäuren ausschließlich von Algen oder Pflanzen synthetisiert würden. Tiere und Menschen seien auf diese Fettsäuren, wie etwa Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, angewiesen, da sie als essenzielle Zellbausteine für die Gehirnentwicklung dienen. Allerdings könnten sie diese nicht selbst produzieren, fügte er hinzu.
Wie ein Staffelholz weitergegeben
Ungesättigte Fettsäuren würden entlang der Nahrungskette wie ein Staffelholz weitergegeben, erläutern die Forschenden. Wenn etwa ein Insekt kaum ungesättigte Fettsäuren aus einem Gewässer aufnehmen könne, weil dieses in einem schlechten ökologischen Zustand sei, könne es auch nur eine geringe Menge dieser Fettsäuren an seine Fressfeinde weitergeben.
Die Forschenden verglichen anhand von Wasser- und Insektenproben den Anteil ungesättigter Fettsäuren in Gewässern in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Martin Kainz erklärte, dass sie nachweisen konnten, dass eine höhere Biodiversität bei Insekten und Spinnen mit einem höheren Anteil hochwertiger Nährstoffe in diesen Tieren einhergehe. Hiervon würden beispielsweise Fische profitieren, die Wasserinsekten als Nahrungsquelle nutzen, so die Forschenden. Eine unzureichende Ernährung könne laut einem Experiment des Wasserclusters erhebliche Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten von Fischen haben.
Fische werden perspektivlos
Im Laborversuch erhielten Fische die Aufgabe, zwischen einem rot markierten Ziel mit Futter und einem grün markierten ohne Futter zu unterscheiden. Laut Martin Kainz konnten Fische, die Omega-3-haltige Nahrung bekamen, die Futterfarbe gezielt wiedererkennen, ähnlich wie ein Hund. Fische ohne diese Nährstoffe hingegen schwammen ziellos umher, was belege, dass eine unzureichende Ernährung ihre Lernfähigkeit deutlich beeinträchtigen könne.
Der Wasserökologe rief dazu auf, die heimischen Gewässer stärker zu schützen, etwa durch eine reduzierte Verbauung von Uferflächen und eine geringere Einleitung von Schadstoffen. Häufig sei es, insbesondere bei Arten wie Algen oder Insekten, schwer vorherzusehen, welche Auswirkungen deren Rückgang auf andere Arten haben könne, betonte er.
Quelle: ORF