HomeFeuilletonZum 18. Todestag von Hrant Dink

Zum 18. Todestag von Hrant Dink

Am 19. Januar 2007 wurde Hrant Dink, der Chefredakteur der armenisch-türkischen Zeitung Agos, vor dem Gebäude seiner Redaktion in der Halaskargazi-Straße in Istanbul erschossen. Dieser Mord, der ein weiteres dunkles Kapitel in der türkischen Geschichte markiert, ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Doch der Kampf um Gerechtigkeit und Erinnerung an Hrant Dink geht weiter.

Ein Mord mit Ansage

Hrant Dink war eine der prominentesten Stimmen für Minderheitenrechte und für die Aufarbeitung des armenischen Genozids in der Türkei. Sein Mut, schwierige Wahrheiten anzusprechen, machte ihn zur Zielscheibe nationalistischer Hetze. Bereits vor seinem Tod war er zahlreichen Drohungen und Angriffen ausgesetzt. Besonders eine Artikelreihe im Jahr 2003, in der er die armenische Diaspora kritisierte, sowie ein Bericht über die mögliche armenische Abstammung von Sabiha Gökçen, der Adoptivtochter Atatürks, ließen die Spannungen eskalieren.

Dink wurde unter dem berüchtigten Artikel 301 des türkischen Strafgesetzbuches angeklagt, der die „Beleidigung des Türkentums“ unter Strafe stellt. Trotz eines entlastenden Gutachtens wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt, was die staatlich orchestrierte Hetzkampagne weiter anführte. Selbst der türkische Generalstab mischte sich ein und bezeichnete ihn als Gefahr für die Einheit des Landes. Kurz darauf organisierten Nationalisten Demonstrationen vor der Redaktion von Agos und riefen offen zu Gewalt gegen ihn auf.

Die Mordnacht und ihre Folgen

Am Tag seines Todes war Dink mehrfach gewarnt worden, dass sein Leben in Gefahr sei. Dennoch wurde er auf offener Straße erschossen. Der damals 17-jährige Täter Ogün Samast wurde schnell gefasst, doch die Aufarbeitung des Verbrechens offenbarte ein tief verwobenes Netz aus staatlicher Mitschuld und Vertuschung.

Samast wurde zwar verurteilt, aber später unter einer Regelung zur vorzeitigen Haftentlassung am 15. November 2023 freigelassen. Auch die Anklagen gegen wichtige Hintermänner wie Erhan Tuncel und Yasin Hayal wurden aufgrund von Verjährung eingestellt. Zwei hochrangige Beamte, Ali Fuat Yılmazer und Ramazan Akyürek, wurden jedoch wegen „Verstoßes gegen die Verfassung“ zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Dennoch bleibt die politische und institutionelle Verantwortung für den Mord weitgehend ungesühnt.

Die Rolle des Staates und des Nationalismus

Es ist mittlerweile klar, dass die Ermordung Hrant Dinks kein Zufall war. Bereits vor dem Attentat gingen mindestens 17 Hinweise bei der Polizei ein, die die geplante Tat und die Identität des Täters genau beschrieben. Doch sowohl die Polizei als auch der Geheimdienst und die Jandarma unternahmen nichts, um das Verbrechen zu verhindern. Im Gegenteil: Nach der Tat posierten Sicherheitsbeamte mit dem gefassten Samast vor einer Türkischen Flagge und feierten die Tat offenbar als patriotischen Akt.

Das Vermächtnis von Hrant Dink

Heute, am 18. Jahrestag seines Todes, wird Hrant Dink vor dem ehemaligen Agos-Gebäude in Istanbul gedacht. Unter dem Motto #BuradayızAhparig („Wir sind hier, Bruder“) erinnern Aktivist:innen an sein Leben und sein Engagement. Doch auch die Wut über die fehlende Gerechtigkeit bleibt. In den sozialen Medien kritisiert die Solidarätsgruppe Patronların Ensesindeyiz die systematische Vertuschung: „Diejenigen, die den Mord befahlen, und diejenigen, die den Abzug drückten, sitzen heute am selben Tisch. Aber wir haben weder die Täter noch ihre Helfer vergessen und werden sie nicht vergessen lassen.“

Hrant Dink hat in seinem Leben Brücken gebaut, wo andere Mauern errichten wollten. Sein Glaube an Dialog und Menschlichkeit ist ein Leuchtfeuer in einer Zeit, in der Nationalismus und Unterdrückung wieder auf dem Vormarsch sind. Für uns als internationale linke Bewegung bleibt sein Vermächtnis eine Verpflichtung: Der Kampf für Wahrheit, Gerechtigkeit und die Rechte aller Unterdrückten muss weitergeführt werden.

Quelle: soL Haber

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