Kasan. Der 16. BRICS-Gipfel, der am Dienstag in der russischen Stadt Kasan begann und am Donnerstag endet, steht im Zeichen bedeutender Entscheidungen, die darauf abzielen, die Multipolarität auf globaler Ebene zu stärken und die Integration neuer Mitglieder voranzutreiben. Unter dem Motto „Stärkung des Multilateralismus für eine gerechte globale Entwicklung und Sicherheit“ (Strengthening Multilateralism for Equitable Global Development and Security) diskutieren die teilnehmenden Staats- und Regierungschefs über die Schaffung einer neuen Weltordnung, die die Vorherrschaft der USA, der NATO und der EU herausfordern soll.
Mehr als 30 Staaten sind beim diesjährigen Gipfel vertreten, darunter 24 auf höchster Regierungsebene. Die Veranstaltung markiert eine wichtige Phase der russischen BRICS-Präsidentschaft, die in diesem Jahr über 200 relevante Treffen organisiert hat. Ein zentrales Thema ist die stärkere Einbindung des globalen Südens.
Neue Mitglieder und Perspektiven für BRICS+
Ägypten, Äthiopien, der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate sind seit dem 1. Januar 2024 offizielle BRICS-Mitglieder und nehmen erstmals an einem Gipfel teil. Saudi-Arabien wurde ebenfalls eingeladen, sich der Gruppe anzuschließen, hat jedoch noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Die Möglichkeit einer weiteren Expansion des BRICS-Blocks hat eine Welle von Nominierungen ausgelöst, die zu einer Rekordzahl an teilnehmenden Gästen geführt hat, darunter auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Trotz der lockeren Bindungen und deutlichen Kontraste innerhalb der Gruppe wird eine Vision präsentiert, die das Ziel verfolgt, die dominierende Rolle der USA in der Weltpolitik herauszufordern.
Fokus auf die „Entdollarisierung“
Ein zentrales Thema des Gipfels ist die „Entdollarisierung“ der Weltwirtschaft, ein Vorhaben, das Russland aktiv vorantreibt. Moskau hat ein neues Zahlungssystem vorgeschlagen. Das geplante System soll Blockchain-Technologie nutzen, um digitale Token, die durch nationale Währungen gedeckt sind, sicher und einfach zu speichern und zu übertragen. Dies würde es den BRICS-Staaten ermöglichen, ihre Währungen direkt miteinander zu tauschen, ohne auf den US-Dollar angewiesen zu sein.
Das russische Finanzministerium und die Zentralbank haben vor dem Gipfel ein Dokument veröffentlicht, das die Vorteile dieses Systems betont und gleichzeitig bestehende Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds (IWF) kritisiert. Diese würden vor allem den Interessen westlicher Länder dienen. Russland drängt auf die Schaffung einer Alternative zum IWF, die besser auf die Bedürfnisse der sich entwickelnden Weltwirtschaft zugeschnitten ist. Letzte Woche forderte der russische Finanzminister Anton Siluanow die BRICS-Mitglieder auf, ein solches alternatives Finanzsystem zu entwickeln.
Handels- und Investitionsinitiativen
Neben den Finanzreformen stellt Russland auf dem Gipfel weitere Initiativen vor, um den Handel und die Investitionen innerhalb der BRICS-Gruppe zu fördern. Dazu gehört die Schaffung einer Plattform namens „BRICS-Clear“, die den Wertpapierhandel erleichtern soll. Zudem fördert Russland, als weltweit größter Weizenexporteur, die Etablierung einer BRICS-Getreidehandelsbörse. Diese würde als Alternative zu westlichen Börsen fungieren, an denen derzeit die internationalen Preise für landwirtschaftliche Produkte festgelegt werden.
Globale Machtverschiebungen und BRICS-Zusammenarbeit
Auf dem Gipfel wird auch die geopolitische Dimension betont, insbesondere die Rolle von BRICS bei der Stabilisierung der Weltpolitik. In bilateralen Treffen diskutierten der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Präsident Xi Jinping über die wachsende Zusammenarbeit ihrer Länder, die sie als stabilisierenden Faktor in der internationalen Politik sehen. Auch das Freihandelsabkommen zwischen Indien und der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) war ein Thema, das beim Treffen zwischen Putin und dem indischen Premierminister Narendra Modi besprochen wurde.
Die BRICS-Staaten und ihre wachsenden Partner sehen in der Gruppe eine Chance, die „unipolare Welt“ der USA herauszufordern und ein Gleichgewicht in der globalen Machtlandschaft herzustellen. Der iranische Präsident M. Pezeskian betonte, dass BRICS eine Alternative zu dem sei, was er als „US-Totalitarismus“ bezeichnete.
Während westliche Länder von der angeblichen „diplomatischen Isolation“ Russlands sprechen, zeigt der BRICS-Gipfel, dass Moskau weiterhin enge Beziehungen mit vielen Ländern unterhält. Putins geplante Treffen mit Dutzenden von Staats- und Regierungschefs sowie UN-Generalsekretär António Guterres unterstreichen Russlands diplomatische Bemühungen auf internationaler Ebene. Insgesamt markiert der BRICS-Gipfel in Kasan einen weiteren Schritt in Richtung einer multipolaren Welt, in der die USA nicht mehr die alleinige dominierende Kraft sind. Dies soll keinen Raum für Illusionen bieten, innerimperialistische Widersprüche spitzen sich hierdurch weiter zu und es geht um Macht und Einflusssphären und die Aufteilung der Welt. Die Arbeiterklasse auf der Welt wird hierdurch keine Meter machen.
Quelle: 902.gr