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China: Kampfansage an private Nachhilfe-Konzerne

Chinas Online-Bildungsindustrie ist zu einem lukrativen Geschäftsfeld für private Konzerne geworden. Die KP Chinas und die Regierung beginnen seit Juli mit einem Umbau des gesamten Bildungssystems.

Peking. Am 24. Juli 2021 veröffentlichten das Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und das Generalbüro des Staatsrats gemeinsam die „Richtlinien zur weiteren Erleichterung der Belastung durch übermäßige Hausaufgaben und Nachhilfe außerhalb des Schulgeländes für Schüler in der Phase der Schulpflicht“ Damit sollen Schüler und Familien entlastet, der übermäßige Prüfungsdruck weggenommen und dem Boom der privaten Nachhilfe-Konzerne der Kampf angesagt werden. Für die Volksschüler entfallen Prüfungen überhaupt.

Nach bekanntwerden der neuen Richtlinien war in der 120 Milliarden US-Dollar schweren Nachhilfe-Branche Panik ausgebrochen und die Aktien von Bildungsunternehmen fielen ins Bodenlose.

Die Leitlinien enthalten 30 Maßnahmen zur Reform des Bildungssektors, mit denen die Bildungsqualität verbessert, die Hausaufgabenlast für Schüler verringert und private Investitionen – sowohl inländischer als auch ausländischer Herkunft – in der Branche eingeschränkt werden sollen.

Jahresgehälter von 65.000 Euro 

Li Lu studierte Englisch. Nach ihrem Abschluss im letzten Jahr ist sie in die Online-Bildung eingestiegen, mit einem Jahreseinkommen von 500.000 Yuan (umgerechnet etwa 65.000 Euro). 

2020 trieb die COVID-19-Epidemie Chinas Online-Bildungsindustrie direkt dazu an, einen großen Sprung nach vorne zu machen. Investoren kamen und der Markt wuchs, was für unzählige Arbeitsplätze und höhere Löhne sorgte. Doch dieser Boom ist jetzt vorbei. Nach den neuen Richtlinien ist es verboten, neue Nachhilfeinstitute zu genehmigen. Auch ist der Unterricht an Wochenenden, nationalen Feiertagen oder in den Winter- und Sommerferien für private Nachhilfeinstitute untersagt. Dadurch verlieren viele Nachhilfelehrer ihren Job, und auch Li Lu hat eine Mitteilung von ihrer Firma erhalten, dass diese ihr Mitarbeiterteam von 500 auf 50 verkleinern werde. 

Betroffen von der Kündigungswelle sind nicht nur die Uni-Absolventen, sondern auch solche mit mehrjähriger Arbeitserfahrung. Aus einem kürzlich veröffentlichten Forschungsbericht über den Lehrkräftemarkt in Nachhilfeinstituten 2021 geht hervor, dass die Zahl der Neueinstellungen in den Großstädten wie Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen deutlich zurückgegangen ist und die Hälfte der Arbeitssuchenden in der Ausbildungsbranche sich in der Phase der Umorientierung befindet und auf eine Anstellung wartet. 

Wie geht es für die Betroffenen weiter? 

Wang Xiao, Dozent an der Fakultät für Arbeitsbeziehungen und Humanressourcen des China Institute of Labor Relations, sagt, dass die überwiegende Mehrheit der Nachhilfelehrer eine Hochschulausbildung haben und eine wertvolle Ressource darstellen. Als Pilotstadt für die neue Politik haben die zuständigen Abteilungen Beijings auch herausgefunden, dass mehr als 90 Prozent der Angestellten in den außerschulischen Nachhilfeeinrichtungen 35 Jahre alt oder jünger sind, und mehr als 80 Prozent einen Bachelor-Abschluss oder einen höheren Abschluss haben. 

In diesem Zusammenhang schlägt Wang vor, dass die Behörden die Beschäftigungsberatung und andere öffentliche Dienste verstärken sollten, um den Beschäftigten in diesem Sektor zu helfen, ein tiefgreifendes Verständnis der nationalen Bildungsreformpolitik zu erlangen und sich rational für eine Neuorientierung zu entscheiden. 

Ärgste Wucherungen des Kapitalismus werden bekämpft

Nach Ansicht von Fan Wei, stellvertretender Dekan der Fakultät für Arbeitsökonomik der Hauptstadt-Universität für Wirtschaft und Handel, verfügen Beschäftigte in der Aus- und Weiterbildungsbranche über bestimmte berufliche Qualifikationen. Die Behörden sollten präzise Arbeitsvermittlungsdienste einrichten, um direkt relevante und passende Stellen anzubieten und so die Übereinstimmung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitsplätzen zu verbessern. 

Berichten zufolge hat die Hauptstadt Beijing bereits genügend Arbeitsplatzressourcen für Mitarbeiter in außerschulischen Bildungseinrichtungen bereitgestellt, die in andere Berufe wechseln müssen. Es geht dabei um die vier Hauptkategorien wie Lehrtätigkeit und pädagogische Unterstützung, technische Unterstützung, betriebliche Funktionen sowie Marketing und Verkauf. 

Am 18. August ging die erste Jobbörse für Nachhilfelehrer, die ihren Arbeitsplatz wechseln müssen, online. Gleichzeitig hat Beijing eine stadtweite „spezielle Service-Saison für Talente in der Ausbildungsbranche“ organisiert, die drei bis sechs Monate dauern wird. Derzeit stehen für die Wiederbeschäftigung von Personal der Nachhilfeeinrichtungen insgesamt 366 Lehrerstellen in 16 Bezirken Beijings zur Verfügung, und fast 90.000 damit verbundene Arbeitsplätze, die von mehr als 9.800 Unternehmen angeboten werden. 

Wie in anderen Bereichen der Gesellschaft auch ist die Kommunistische Partei Chinas dabei, die ärgsten Wucherungen des ungezügelten Kapitalismus in China zu bekämpfen. Dort wo Maßnahmen gesetzt werden, macht die KP Chinas aktuell allerdings gleich große Einschnitte.

Quellen: Beijing Rundschau/China-Briefing

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