Regierungsumbildung und Jagd auf die Korruptionsermittler. Selenskyj wirkt, als wäre er in Panik. Nach nur zwei Tagen musste er auf Geheiss seiner westlichen Sponsoren eine 180-Grad-Wende hinlegen.
Kiew/Moskau/Istanbul. In der Vorwoche tauschte Präsident Wolodymyr Selenkskyj seine Schachfiguren in der Regierung aus. Wesentlichste Änderung ist die Absetzung des bisherigen Regierungschefs Denis Schmyhal und seine Ersetzung durch Julia Swyridenko. Verteidigungsminister US-Mann Rustem Umerow wurde nicht wie vorher vermutet Botschafter der Ukraine in den USA, sondern wechselte in den Verteidigungs- und Sicherheitsrat. Gleichzeitif führt er weiterhin die ukrainische Delegation in den Verhandlungen mit Russland an. US-Botschafterin soll stattdessen die bisherige stellvertretende Regierungchefin Olga Stefanischyna werden. Diese ganze Regierungsumbildung dürfte in erster Linie eine PR-Aktion der Selenskyj-Leute sein, um dem leidgeprüften ukrainischen Volk eine Erneuerung der Machtstrukturen vorzugaukeln.
Die Handlungen des Kiewer Diktators Selenskyj ähneln immer mehr denen eines Ertrinkenden. Er schlägt wild um sich. Die vom politischen Westen 2015 eigens geschaffenen Strukturen zur Bekämpfung der Korruption, eine Vorzeigebehörde, die beweisen sollte, dass die Ukraine auf dem Weg „nach Europa“ ist, wurden Anfang der Woche kurzerhand an die Leine genommen. Die Ermittler von NABU und der Sonderstaatsanwaltschaft SAP, wie die Behörden heissen, waren zum Teil selbst mit ruppigen Festnahmen, Inhaftierungen und Hausdurchsuchungen durch den SBU, den Selenskyj unterstehenden Militärgeheimdienst konfrontiert. Als Vorwand wurde russische Einflussnahme angeführt, Beweise wurden allerdings keine vorgelegt. Gleichzeitig beendete Selenskyj handstreichartig die Weisungsfreiheit dieser Behörden. Er peitschte ein Gesetz duch die Rada, das ukrainischen Parlament, das die Korruptionsermittler dem Generalstaatsanwalt unterstellt, der wiederum von Selenskyj ernannt wurde. Daraufhin zogen in mehreren Städten der Ukraine tausende Menschen durch die Straßen und forderten die Rücknahme dieses Gesetzes. In Kiew, wo vor dem Amssitz des Präsidenten protestiert wurde, beteiligte sich auch Bürgermeister Vitali Klitschko an den Protesten. Aus mehreren westlichen Staatskanzleien, beispielsweise aus Berlin und Paris gab es Unmutsäußerungen über Selenskyjs Entscheidung, auch aus Brüssel kam leiser Protest.
Den Machtstrukturen zu nahe gekommen
Die Korruptionsermittler kamen den Machtstrukturen Sekenskyjs immer näher, da sie Ermittlungen gegen mehrere Personen in seinem direkten Umfeld durchführten, unter anderem gegen einen ehemaligen stellvertretenden Premierminister und die in die USA entsandte bisherige EU-Verhandlerin Julia Swyridenko. „Die Entscheidung der Behörden, den Reformen der Maidan-Ära einen offenen Schlag zu versetzen, lässt den Verdacht böswilliger Absichten aufkommen. Quellen zufolge könnte der Grund für die Verabschiedung des Gesetzentwurfs die Ermittlungen des NABU gegen das Umfeld des Präsidialamtes sein“ schreibt dazu das britische Magazin The Economist. Von den 263 Abgeordneten, die für die Entmachtung der Anti-Korruptionsbehörden gestimmt haben, sind 18 selbst Gegenstand der ermittlungen von NABU, berichtet das Springer-Magazin Politico in seiner europäischen Ausgabe.
Wie eine Herde Schafe
Nachdem am Mittwoch abend die Proteste in mehreren Städten weitergingen und mehr Zulauf erhielten, kündigte Selenskyj an, ein neues Gesetz in die Rada einbringen zu wollen, das die Autonomie der Korruptionsjäger wiederherstellt. Dass er damit die Abgeordneten seiner Fraktion „Diener des Volkes“, die über eine Mehrheit in der Rada verfügt, wie eine Herde Schafe behandelt, ist schon längst ganz normal. Sie haben abzustimmen: Erst stellen sie die Korruptionsjäger unter Kuratell des Selenskyj-Clans, dann sollen sie das Ganze ein paar Tage später wieder rückgängig machen. Der Chef des Militärgeheimdienstes SBU hatte noch vor ein paar Tagen gesagt, Dedektive der NABU, die der Verhaftung Widerstand leisten, sollten gleich an Ort und Stelle erschossen werden. Er wird wohl auch Kreide schlucken müssen.
Der Druck der Straße dürfte aber nicht so ausschlaggebend für Selenskyjs Kehrtwende gewesen sein, wie die heftigen Interventionen seiner Gönner und Financiers aus der EU und Großbritannien. Es wurde ihm sogar der Entzug weiterer Finanzmittel und die Einstellung des EU-Beitrittsprozesses in Aussicht gestellt. Außerdem musste demonstriert werden, dass solche Alleingänge der Kiewer Marionette unerwünscht sind. Die USA mischten sich bisher nicht ein, vielleicht deshalb, weil die Trump-Administration Korruptionsbehörden, die seinerzeit unter der Regierung von Barack Obama als westliches Aufsichtsorgan in der Ukraine geschaffen wurden, nicht besonders am Herzen liegen.
Verhandlungen in der Türkei
Ebenfalls am Mittwoch abend fanden in der Türkei wieder direkte Gespräche zwischen der Ukraine und Russland statt. Man einigte sich auf den weiteren Austausch von Gefangenen, schwer Verwundete und Tote sollen direkt an der Front ausgetauscht werden. Die russische Seite sprach von der möglichen Übergabe von 3.000 toten Soldaten, nachdem in den letzten Wochen bereits 7.000 übergeben wurden. Der wieder einmal erhobenen Forderung der Ukraine, dass es ein direktes Treffen zwischen den Präsidenten Putin und Selenskyj geben soll, wurde von russischer Seite eine Absage ertelt. Das sei erst möglich, wenn alles geklärt sei. Die russische Seite brachte den Vorschlag ein, dass drei Arbeitgruppen gebildet werden sollen, die verschiedene Themen online bearbeiten. Die russische Seite schlug vor, künftig Kampfpausen von 24 bis 48 Stunden an der Front zu vereinbaren, damit Verletzte versorgt und Tote geborgen werden könnten. Aus der Ukraine gibt es darauf noch keine Reaktion.
Quellen: Strana/Ukrainska Prawda/aif.ru/Politico