HomeInternationalesIsrael lässt die ersten 90 palästinensischen Geiseln frei

Israel lässt die ersten 90 palästinensischen Geiseln frei

Am vergangenen Montagmorgen, kurz nach Inkrafttreten des Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas, wurden 90 palästinensische politische Gefangene freigelassen. Diese Freilassung ist Teil einer umfassenderen Vereinbarung über eine Waffenruhe und einen Gefangenenaustausch. Unter den Freigelassenen befinden sich laut Hamas 69 Frauen und 21 junge Männer aus der Westbank und Ost-Jerusalem.

Die Entlassenen wurden überwiegend aus dem berüchtigten Ofer-Gefängnis bei Ramallah entlassen und von Tausenden enthusiastisch empfangen. Doch trotz der Freude bleibt die Realität der Masseninhaftierung in Israel bestehen: Laut dem Palästinensischen Komitee für Gefangenenangelegenheiten und der Palästinensischen Gefangenenvereinigung hält Israel derzeit mindestens 10.000 Palästinenser in Haft. Darunter befinden sich 95 Kinder, 22 Frauen und 3.376 Personen in sogenannter administrativer Haft – eine Praxis, die Inhaftierungen ohne Anklage oder Verfahren ermöglicht.

Frauen im Widerstand: Halida Dscharrar und Büschra al-Tawil

Eine der prominentesten freigelassenen Personen ist Halida Dscharrar, eine Führungspersönlichkeit der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Dscharrar war seit Ende 2023 in „administrativer Haft“, einem System, das oft als Werkzeug der politischen Unterdrückung verwendet wird. Gegenüber der Associated Press äußerte sie gemischte Gefühle: „Es ist ein Moment der Dankbarkeit für die Freiheit, aber auch ein Moment der Trauer über den Verlust so vieler palästinensischer Leben.“

Auch Büschra al-Tawil, eine palästinensische Journalistin, wurde nach ihrer Verhaftung im März 2024 freigelassen. Sie erzählte der AFP: „Das Warten war schwer, aber der Glaube an unsere Freiheit hat uns stark gemacht.“ Ihre Geschichte steht exemplarisch für die Repression gegen palästinensische Medienschaffende.

Ein Volk in Ketten: Die Situation der palästinensischen Gefangenen

Die Freilassung von Gefangenen verdeutlicht die systematische Unterdrückung durch die israelische Besatzung. Besonders erschütternd sind die Berichte über die Haftbedingungen. Ahmed Kisha, ein 18-Jähriger aus Dschenin, berichtete: „Ich wurde wegen meines Bruders verhaftet, der in Dschenin getötet wurde. Vor unserer Freilassung haben sie unsere Zellen gestürmt und Tränengas eingesetzt. Die Folter und Misshandlungen standen auf der Tagesordnung.“

Diese Erfahrungen unterstreichen die brutalen Mechanismen der Besatzung, die auch Kinder und Jugendliche ins Visier nimmt. Die Praxis der administrativen Haft, bei der Menschen ohne Beweise oder Verfahren inhaftiert werden, verstößt gegen grundlegende Menschenrechte und dient der Einschüchterung und Zerschlagung von Widerstand.

Die andere Seite: Freilassung israelischer Gefangener

Parallel zur Freilassung der palästinensischen Gefangenen entließ die Hamas drei israelische Frauen, darunter Emily Damari, eine britisch-israelische Staatsbürgerin. Sie waren seit dem 7. Oktober 2023 in Tunneln unter Gaza gefangen gehalten worden. Ihre Freilassung wurde von internationalen Organisationen wie dem Roten Kreuz koordiniert.

Eine Region in Trümmern: Der Wiederaufbau von Gaza

Der Waffenstillstand hat zwar eine temporäre Atempause gebracht, doch die Zerstörung in Gaza ist enorm. 90 Prozent der Bevölkerung wurden mehrfach vertrieben, die Infrastruktur liegt in Trümmern. Schulen, Krankenhäuser, Moscheen und sogar Friedhöfe sind zerstört. Die Weltgesundheitsorganisation erklärte, dass dringend systematischer Zugang für humanitäre Hilfe erforderlich sei.

Der erste Schritt des Waffenstillstands, der nach dreistündigen israelischen Luftangriffen verspätet in Kraft trat, umfasst einen Austausch von Hunderten weiteren Gefangenen. Die nächsten Phasen der Verhandlungen sehen die Freilassung aller verbleibenden Gefangenen und die schrittweise Räumung Gazas durch israelische Truppen vor. Ob Israel sich an das Abkommen halten wird und eine länger andauernde Waffenruhe unterstützen wird, ist dabei völlig unklar. Klar ist jedoch jetzt schon, dass Israel die Anerkennung eines palästinensischen Staates weiter verweigern und das Besatzungsregime fortsetzen wird.

Quelle: soL Haber

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