Die Parteiführerin der rechtsextremen Fratelli d’Italia und ideologische Erbin des Mussolini-Faschismus, Giorgia Meloni, könnte Italiens nächste Premierministerin werden. Van der Bellen sieht darin keine Gefahr für Europa, schließlich verstehe sie sich als „transatlantisch“.
Rom/Italien. Die rechtsaußen Politikerin Giorgia Meloni der Fratelli d’Italia (Brüder Italiens, FdI) könnte nach den italienischen Parlamentswahlen am kommenden Sonntag nicht nur als Wahlsiegerin, sondern auch als erste Premierministerin des Landes hervorgehen.
Umfragen sehen die postfaschistische FdI derzeit bei 24,8 Prozent und damit noch vor der sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), die bei 21,5 Prozent liegt. Geht die Wahl so aus, wie es
Gemeinsam mit den Rechtsparteien Lega – die Partei des Ex-Innenministers Matteo Salvini kommt bei den Umfragen auf 12,2 Prozent – und der Forza Italia des langjährigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi (7,7 Prozent) könnte sich eine Regierungsmehrheit für die extrem rechten Kräfte Italiens ausgehen und so Meloni zum Amt der Premierministerin verhelfen.
Ideologische Erbin des Mussolini-Faschismus
Giorgia Meloni wurde am 15. Jänner 1977 in Rom geboren. Sie stammt, wie sie stets betont, aus den einfachen Verhältnissen einer Angestelltenfamilie. Ihre Mutter gehörte dem faschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI) an. Als 15-jährige Gymnasiastin trat Giorgia Meloni im Jahr 1992, dem Vorbild ihrer Mutter folgend, in den Fronte della Gioventù des MSI ein.
Die im Jahr 1946 gegründete MSI gilt als Nachfolgepartei von Mussolinis Partito Nazionale Fascista. Der Gründer der Movimento Sociale Italiano, Giorgio Almirante, war Staatssekretär Mussolinis und fungierte als dessen führender Rassenideologe. Er war es auch, der noch kurz vor Kriegsende einen „Genickschusserlass“ gegen Partisaninnen und Partisanen unterzeichnete. Mit der MSI wurde de facto nichts anderes als die verbotene faschistische Mussolini-Partei wieder gegründet.
Meloni trat nicht zufällig in die Jugendorganisation eben dieser Partei ein, ihr Beitritt erfolgte am 28. Oktober 1992, also just am 70. Jahrestag von Mussolinis Marsch auf Rom, dem faschistischen Putsch zur Machtergreifung.
Und auch dreißig Jahre später demonstriert Meloni stets ihr Festhalten am Erbe des Mussolini-Faschismus. Das tat sie beispielsweise als Assunta Almirante, die Witwe des MSI-Gründers Giorgio Almirantes, am 26. April 2022 verstarb. Meloni, die bei Almirantes Beerdigung in der Basilika Santa Maria in Montesanto auf der Piazza del Popolo in Rom teilnahm, soll die Frau des MSI-Gründers als „eine Säule des historischen Gedächtnisses der italienischen Rechten“ gewürdigt und dort außerdem erklärt haben: „Ich habe ein unbeschwertes Verhältnis zum Faschismus.“
Wie dieses „unbeschwerte Verhältnis“ zum Faschismus aussieht, offenbart die Partei Melonis immer wieder vollkommen ungeniert: So sollen führende Politiker der Fratelli d’Italia bei eben diesem Begräbnis am Sarg mit dem faschistischen „römischen Gruß“ und dem Ausruf „Presente“ salutiert haben. Dass es sich dabei aber keineswegs um einen Einzelfall in der Partei von Meloni handelte, wurde erst vor wenigen Tagen wieder einmal offenkundig. Der frühere EU-Parlamentarier und FdI-Politiker Romano La Russa soll, wie Videos zeigen, beim Begräbnis von Alberto Stabilini, einem Exponenten der faschistischen Rechten in Mailand, ebenfalls die rechte Hand zum faschistischen Gruß gereckt haben. Das besonders pikante daran ist, dass es sich bei La Russa um den Bruder von Ignazio La Russa handelt, dem Mitbegründer wie auch Parteichef der Fratelli d’Italia und amtierenden Vizepräsidenten des italienischen Senats.
Van der Bellen sieht in Meloni keine Gefahr für Europa
Den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen scheint dies alles wenig zu kümmern. So ließ er im Zuge seines Italien-Besuchs vor anderthalb Wochen verlautbaren, dass Europa „im Fall eines Wahlsieges von Melonis Partei nicht in Panik verfallen“ müsse. Nun mag es schon richtig sein, dass Panik in den seltensten Fällen ein kluger Ratgeber ist. Die Begründung Van der Bellens für seine beschwichtigenden Worte sollte aber nicht unkommentiert bleiben. So sagte er weiters: „Fratelli d‘́Italia ist zwar eine Rechtspartei, sie vertritt aber nicht Positionen anderer Rechtskräfte in Europa. Die Gruppierung ist transatlantisch, sie ist gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine und es gibt keinerlei Anzeichen, dass sie aus der europäischen Solidarität ausscheiden will.“ Und er ergänzte: „Meloni ist meiner Ansicht nach keine Gefahr für Europa“
Also mit anderen Worten: Es mag es zwar richtig sein, dass die FdI eine rechtsextreme Partei ist und Melonis Wahlkampfrhetorik mag auch rassistisch und nationalistisch sein, aber das ist allen Anschein nach alles halb so wild, wenn diese Partei europapolitisch für die „richtigen“ westlichen Werte einsteht. Da mag die Parteiführerin selbst und mit ihr führende Funktionäre dieser Partei ein gestörtes Verhältnis zum historischen Mussolini-Faschismus haben, aber wenn die – möglicherweise – künftige Premierministerin Italiens dieselben westlichen Kapitalinteressen wie Bundespräsident Van der Bellen vertritt, dann kann freilich keine Gefahr von ihr ausgehen. Nun ja, was soll man dazu noch sagen.
Quelle: PolitPro / junge Welt / ORF / Puls 24 / Kurier