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Polizeischikane gegen Streikposten in Prato

Seit 43 Tagen streiken die Arbeiter von Texprint für bessere Arbeitsbedingungen und gegen die furchtbaren Zustände in ihrer Fabrik, seit 23 Tagen auch mittels Streikposten. Bei einem Versuch der Räumung durch Polizeikräfte wurden zwei Arbeiter verletzt und abtransportiert.

Italien/Prato. In der toskanischen Stadt Prato wird vor den Toren der Fabrik Texprint seit rund 43 Tagen gestreikt, seit 23 Tagen auch mithilfe von ständigen Streikposten, die erfolgreich die freie Warenzirkulation verhindern. Am 1. März fand eine brutale, aber misslungene Räumungsaktion der Polizei statt, in deren Zuge zwei Arbeiter verletzt und von der Polizei mitgenommen wurden. Handyaufnahmen zeigen den skandalösen Umgang italienischer Polizeikräfte mit vorwiegend migrantischen Arbeitern vor den Werkshallen der Texprint. Diesem chinesischen Betrieb wurde 2020 noch ein hoher Betrag öffentlicher Gelder zur Produktion von MNS-Masken zugesprochen, die Betriebsherren aber stehen schon länger im Verdacht, mit der chinesischen Mafia Geldwäsche im größeren Stil zu betreiben. Von Anfang an auf der Seite der Arbeiter stand die Gewerkschaft SI Cobas, die gerade in der Provinz Prato häufig gegen Ausbeutungsverhältnisse chinesischer Konzernherren kämpfen muss und ihre unmenschlichen Methoden kennt.

Zur Vorgeschichte – Sklavenarbeit

Die Arbeiterinnen und Arbeiter der Textilverarbeitungsfabrik Texprint haben sich unlängst an die außerhalb der italienischen Sozialpartnerschaft organisierte Gewerkschaft SI Cobas gewandt, die diesen eklatanten Fall daraufhin publik gemacht hat: Die Fabriksarbeiter, großteils migrantische Arbeitskräfte, wurden und werden gezwungen, sieben Tage die Woche 12 Stunden lang zu arbeiten, Pausen, Unfall- oder Krankenversicherung sind für sie nicht vorgesehen. Denn unabhängig davon, wie lange die Arbeiter von Texprint bereits angestellt sind oder welche Tätigkeiten sie genau ausüben, alle werden mit Pseudo-Lehrlingsverträgen abgespeist. Der Rest der erbrachten Stunden wird schwarz ausgezahlt (was dann eben von Lust und Unlust des Arbeitgebers abhängt). In einem Interview beschrieb Rahman Abdul, langjähriger Arbeiter von Texprint und inzwischen auch Mitglied von SI Cobas, die Zustände in der Fabrik:

„Obwohl wir alle seit mindestens drei Jahren in diesem Schuppen arbeiten, werden wir mit Lehrlingsverträgen bezahlt, was uns dazu zwingt, jeden Tag unbezahlte Überstunden zu machen. Jeden Tag, auch an Feiertagen, sind wir mindestens 12 Stunden bei der Arbeit, es ist ein anspruchsvoller Job und die Bedingungen physischer und psychischer Ermüdung haben schon häufiger Unfälle verursacht. Von Texprint ist keine offizielle Stellungnahme gekommen und es scheint auch kein Wille für Verhandlungen zu bestehen.“ Ein anderer Streikender erzählt von mehreren Arbeitskollegen, deren Hände in die Textilverarbeitungsmaschinen gerieten und danach auf sich gestellt waren. Einer der Streikenden hätte beispielsweise nach stundenlanger pausenloser Arbeit aus Unachtsamkeit bei einem Unfall einen Finger verloren. Auf die Forderungen von SI Cobas nach regulären Arbeitsverhältnissen und- verträgen bestand die Antwort der Betriebsleitung in einem Vorschlag über eine finanzielle Abfindung im Gegenzug für die Beendigung des Arbeitsvertrags. Ansonsten zeigte sich die Betriebsleitung zu keinen Gesprächen bereit.

8x5 – Nie wieder Sklaven!

Ein gutes Drittel der Belegschaft ist unterdessen der Gewerkschaft beigetreten und hat sich, nachdem alle Gesprächsversuche fehlschlugen, dazu entschlossen, zu streiken. Die Losung, für die sich die Arbeiter entschieden haben, lautet: „Nie wieder Sklaven!“, ihre zentrale Forderung haben sie auf zwei Zahlen heruntergebrochen: „8x5“, wobei mit 8 die Stunden und mit 5 die Wochentage gemeint sind. Schilder und Transparente stellen die Streikenden dreisprachig her: Auf italienisch, arabisch und nicht zuletzt auf chinesisch.

Nach zwanzig Tagen des Streiks wurden zusätzlich zwei Zelte und ständige Streikposten aufgestellt, die mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern suchten, dass Waren das Fabriksgelände verlassen konnten. Zu diesem Zweck legten sich Arbeiter etwa rücklings oder bäuchlings vor die Camions, um ihre Abfahrt zu blockieren.

Anstatt den Arbeiterinnen und Arbeitern reguläre Arbeitsverträge anzubieten, schien es der Betriebsleitung sogar günstiger, auf die Methode der Bestechung zurückzugreifen, etwa auch, um einen Keil zwischen die Streikenden zu treiben. Doch die Streikenden von Texprint haben darauf sehr positiv reagiert, anstatt sich korrumpieren zu lassen, hatten sie, wie wiederum Rahman Abdul erklärt, die Gesamtbewegung im Blick:

„Sie kamen hierher und boten uns Tausende Euros an, um den Protest zu beenden, aber wir sind nicht an individuellen Lösungen interessiert, denn wir wissen, wenn wir sie morgen akzeptieren würden, würden sie jemand anderen nehmen und mit den bisherigen Ausbeutungsmethoden fortfahren. Einer unserer Slogans ist ‚Trifft es einen – trifft es alle‘, es ist nicht schwer zu verstehen, dass wir nur durch Einigkeit eine Verbesserung für alle erreichen können. Wir wollen keine individuellen Abkürzungen, wir wollen die Arbeitsbedingungen für alle im Bezirk Prato verbessern: ‚Nie wieder Sklaven‘.“

Diese disziplinierte Haltung bewog die Fabrikleitung dazu, Carabinieri und Polizei einzuschalten, um die Blockade aufzubrechen, da sie nun ihren Profit gefährdet sahen. Zwei Streikende wurden dabei verletzt und danach mit auf das Polizeirevier genommen. Die Unterbrechung der Blockade konnte, darauf macht die Kommunistische Jugendfront (FGC) aufmerksam, unter anderem dadurch verhindert werden, dass sich der Polizei auch Arbeiter anderer Betriebe aus der Umgebung der Industriezone von Prato entgegensetzten. Teile der ansässigen Bevölkerung zeigten sich ebenfalls solidarisch und brachten bereits im Zuge der Aufstellung von Streikposten Decken und Nahrungsmittel für die Streikenden mit.

Die Kommunistische Jugendfront – FGC

Die Kommunistische Jugendfront (FGC) steht Schulter an Schulter mit den streikenden Arbeitern von Texprint und ruft zusammen mit der Gewerkschaft SI Cobas zu einer Solidaritätskundgebung am 6. März auf:

„Heute Morgen haben Polizei und Carabinieri versucht, den Streikposten gewaltsam aufzulösen, den die bei SI Cobas organisierten Arbeiter des Textilunternehmens ‚Texprint‘ seit zwanzig Tagen gegen die schändlichen Ausbeutungsverhältnisse, denen sie von ihren Chefs mit 12-Stunden-Schichten an 7 Tagen in der Woche unterworfen werden, durchführen.

Trotz der Verhaftung von zwei Arbeitern durch die Polizei gaben die Arbeiter nicht nach, auch dank der sofortigen Unterstützung durch andere Arbeiter des Textilgebiets in Prato, die sofort zur Stelle waren, um die Räumung zu verhindern.

Um ihre Profite aufrechtzuerhalten, sind die Konzernbosse zu allem bereit und nutzen die Unterstützung von Institutionen und Repressionsorganen, die immer bereit sind, gegen Arbeiter einzuschreiten, die für die Anerkennung der grundlegendsten Rechte kämpfen.

Den streikenden Arbeitern gebührt unsere ganze Solidarität. Am Samstag, den 6. März, werden wir in Prato zusammen mit allen Arbeitern des Textilgebiets gegen die Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiter auf die Straße gehen.“

Quelle: Si Cobas/Si Cobas/il Fatto Quotidiano/Notizie di Prato/FGC

BILDQUELLEFGC
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