Der sozialdemokratische Premierminister Löfven dürfte endgültig am Ende sein: Seine Marktorientierung kostet ihn das Vertrauen der Linkspartei, die aber auch vorrangig an die kapitalistischen Profite denkt.
Stockholm. Im schwedischen Reichsrat sprach eine Mehrheit von 181 Abgeordneten (von insgesamt 349) der sozialdemokratisch-grünen Regierung das Misstrauen aus. Damit ist die Minderheitsregierung von Premierminister Stefan Löfven am Ende. Ihre Bildung nach den Parlamentswahlen von 2018 hatte sich bereits schwierig gestaltet: Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die Grünen und die Linkspartei verfügten über keine Mehrheit, der Bürgerblock hätte eine eigene Regierung nur über die Einbindung der rechtsextremen „Schwedendemokraten“ schaffen können. Der damals gefundene Kompromiss brachte eine Minderheitskoalition aus Sozialdemokratie und Grünen, mit Duldung nicht nur durch die Linkspartei, sondern auch die Liberale Partei und die liberal-agrarische Zentrumspartei. Die konservative Moderate Sammlungspartei, die Christdemokraten und die Schwedendemokraten blieben in Opposition.
Nicht nur diese Konstellation war bereits einzigartig in der Geschichte Schwedens, sondern auch der nunmehrige Sturz von Löfven ist es: Noch nie ist ein amtierender Premierminister vom Parlament abgewählt worden. Löfven hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder er entscheidet sich für Neuwahlen binnen drei Monaten, bis zu denen er im Amt bliebe, oder der Parlamentspräsident beauftragt eine neue Regierungsbildung, die dann eher ohne Löfven stattfinden müsste, aber überaus kompliziert bis unmöglich wäre. Allerdings ist davon auszugehen, dass auch Neuwahlen das Kräfteverhältnis im Reichstag nicht signifikant ändern würden. Eine schwedische Besonderheit ist übrigens, dass auch im Falle von vorgezogenen Neuwahlen der reguläre Wahltermin im September 2022 ebenfalls durchgeführt werden würde.
Linkspartei mit heuchlerischem „Gegenmodell“
Gestürzt ist die sozialdemokratisch geführte Regierung über die sogenannten „Marktmieten“: Eine „Reform“ sah vor, die Regulierung der Mietpreise aufzuheben und dem freien Markt zu überlassen, um durch höhere Profite den Wohnungsbau forcieren zu lassen. Freilich würde dies bedeuten, dass die ohnedies hohen Mieten in den schwedischen Städten massiv teurer würden – eine Katastrophe in Zeiten der Krise, wo viele Menschen aus der Arbeiterklasse und abhängigen Volksschichten ohnedies schon Probleme mit den Wohnkosten haben. Dass die einst angeblich so vorbildhafte schwedische Sozialdemokratie zu solch asozialen Mitteln gegen die Arbeiterklasse und zugunsten der Bau- und Immobilienunternehmen greift, ist schändlich und fernab jeder sozialen Orientierung. Daher war es auch nicht unlogisch, dass es nicht die bürgerlichen Kräfte waren, sondern die Linkspartei, die der Regierung durch den Entzug des Vertrauens den Garaus machte.
Allerdings muss man bedenken, dass die Linkspartei selbst keine wirklich konsequente soziale Politik zugunsten der Arbeiterklasse verfolgt – sie hat in der laufenden Legislaturperiode bereits die Einschränkung des Streikrechts sowie die Erleichterung bei Kündigungen durch die „Arbeitgeber“-Seite mitgetragen. Und auch in der „Marktmieten“-Frage war der Lösungsvorschlag der Linkspartei gelinde gesagt unzureichend: Sie wollte staatliche Zuschüsse für private Unternehmen, die Mietwohnungen errichten, während im Gegenzug deren Mietpreise limitiert reguliert blieben. Anders gesagt: Die Profite der Unternehmen sollten ebenso wie beim sozialdemokratischen Vorschlag erhöht werden, nur in diesem Fall über den Umweg der Staatskasse – d.h. das Kapital erhält Geschenke aus Steuergeldern, womit eine faktische Profitsteigerung verbunden wäre. Die Mieter würden dann eben nicht direkt, sondern indirekt bezahlen. Die Kommunistische Partei Schwedens (SKP) wies zu Recht darauf hin, dass dies keine wirkliche Alternative zu den Marktmieten sei, denn auch hier stünden die privatkapitalistischen Gewinnsteigerungen zulasten des Volkes im Vordergrund. In diesem Kontext ist die Linkspartei eben nur der linke Flügel der kapitalistischen Profitmaximierung und Ausbeutung, die sich einen sozialen Anstrich mit bestenfalls keynesianistischem Programm gibt.
Quelle: Riktpunkt