Washington/Den Haag. Das US-Repräsentantenhaus hat als Reaktion auf den Antrag auf einen Haftbefehl gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu einen Gesetzentwurf verabschiedet, der Sanktionen gegen Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vorsieht. Der Vorsitzende des von den oppositionellen Republikanern beherrschten Kongresses, Mike Johnson, erklärte, die Abstimmung verdeutliche die Entschlossenheit der USA, an Israels Seite zu stehen.
Zudem unterstreiche sie, dass die USA es ablehnen, dass „internationale Bürokraten grundlos“ Haftbefehle gegen hochrangige israelische Politiker „wegen erfundener Verbrechen“ ausstellen. Es wird als unwahrscheinlich angesehen, dass der Text vom demokratisch dominierten Senat angenommen wird, dennoch sprechen solche Initiativen eine deutliche Sprache. In dem Land, das sich den Kampf gegen den Terror auf die Fahnen geschrieben hat, herrscht m Repäsentatenhaus eine Mehrheit von Menschen, die den IStGH nur anerkennen, wenn er in ihrem Sinne entscheidet. Verurteilungen im globalen Süden oder Osten sind natürlich ganz im Sinne der Propaganda, aber ein Haftbefehl gegen den Ministerpräsidenten der vermeintlich einzigen Demokratie im Nahen Osten steht der eigenen Agenda natürlich im Weg. Bereits im Vorfeld des Antrages bezüglich Nethanjahu war es zu Einschüchterungsversuchen gegenüber den Richtern gekommen. In einer Videoansprache Ende April verurteilte Netanjahu die noch nicht ausgesprochenen Haftbefehle bereits als „beispielloses antisemitisches Hassverbrechen“.
Der IStGH-Ankläger Karim Khan hatte am 20. Mai Haftbefehle gegen Netanjahu, seinen Verteidigungsminister Joav Galant und die Anführer der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen beantragt. Die USA übten damals Kritik an den Maßnahmen des IStGH-Chefanklägers gegen Netanjahu und Galant. Auch für Präsident Joe Biden, der den Demokraten angehört, waren Vorgehen und Antrag „empörend“.
Neue Erkenntnisse enthüllen außerdem, wie Mossad-Chef Yossi Cohen versuchte, die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, Fatou Bensouda, durch Drohungen und Einschüchterungen davon abzubringen, eine Untersuchung gegen Israel einzuleiten. Israel wies die Vorwürfe als „falsch“ zurück.
Cohens geheime Treffen mit Bensouda fanden in der Zeit vor ihrer Entscheidung statt, eine formelle Untersuchung einzuleiten. Diese Untersuchung, die 2021 begann, führte dazu, dass Bensoudas Nachfolger, Karim Khan, nun Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant beantragte. Die Ermittlungen betreffen auch drei Hamas-Führer und werfen den israelischen Verantwortlichen Kriegsverbrechen im Gazastreifen vor. Das Vorgehen des Mossad-Chefs dürfte wohl von ganz oben autorisiert sein.
Sollte ein Richtergremium dem Antrag auf Haftbefehle zustimmen, wären die 124 Mitgliedsstaaten des IStGH theoretisch verpflichtet, die Gesuchten – Netanjahu und Galant – bei einem Aufenthalt in ihrem Staatsgebiet festzunehmen. Dies könnte Reisen beispielsweise in die EU erschweren. Israels wichtigster Verbündeter, die USA, ist jedoch kein Mitglied des IStGH-Bereichs.
Quelle: ORF/Frankfurter Rundschau/Kleine Zeitung