In einer ausführlichen Stellungnahme mit dem Titel „Eine Türkei ohne Terror? – Unser Kampf für eine Türkei ohne Ausbeutung“ positioniert sich das Zentralkomitee der Kommunistische Partei der Türkei (TKP) mit klaren Worten gegen den aktuellen politischen und geopolitischen Kurs der AKP-Regierung und deren internationale Verflechtungen. Auf 27 prägnanten Punkten analysiert die TKP nicht nur die wachsenden Widersprüche im türkischen Machtapparat, sondern auch die Rolle des Imperialismus und der kapitalistischen Umstrukturierung des Nahen Ostens. Die Partei macht unmissverständlich deutlich: Der derzeitige sogenannte „Friedensprozess“ sei kein Zeichen echter Versöhnung oder einer Lösung der kurdischen Frage, sondern Teil eines großangelegten imperialistischen Projekts zur Schaffung neuer Ausbeutungszonen in der Region.
Imperialismus als System – nicht nur „der Westen“
Die TKP erinnert daran, dass Imperialismus nicht nur aus den USA besteht oder ein „unsichtbarer Feind“ sei, sondern ein globales System, das von internationalen Monopolen beherrscht wird. In diesem System ringen kapitalistische Staaten um Einfluss, Ressourcen und Profitzonen – mit Krieg, Vertreibung, Besatzung und Umsturz als wiederkehrende Instrumente.
Die Verschärfung der Konkurrenz zwischen den USA und dem aufstrebenden China steht laut TKP im Zentrum der gegenwärtigen geopolitischen Umwälzungen – inklusive der Eskalation in Nahost, der Rehabilitierung Israels als Partner im „neuen Nahen Osten“, und der geopolitischen Funktionserweiterung von Staaten wie Aserbaidschan.
Neue Allianzen, alte Ziele: Ausbeutung und Repression
Die TKP erkennt in der forcierten Zusammenarbeit zwischen Israel, Saudi-Arabien, der Türkei, Ägypten und Aserbaidschan die Keimzelle einer neuen imperialistischen Blockbildung. Ziel sei es, neue Produktions- und Transiträume zu schaffen, um China wirtschaftlich einzudämmen und zugleich einen neuen Ausbeutungsraum für internationale Konzerne zu etablieren. Dabei werde eine Arbeitsteilung forciert: Die Türkei mit ihrer industriellen Infrastruktur, die arabischen Länder als Rohstofflieferanten und Israel als technologischer Brückenkopf.
Ein düsteres Bild zeichnet die Partei für die lohnabhängige Bevölkerung in der Region: Für kurdische, arabische und türkische Arbeiterinnen und Arbeiter sei keinerlei Besserung in Sicht – im Gegenteil. Die sich anbahnende „Burgfrieden-Politik“ zwischen türkischem und kurdischem Kapital werde die Ausbeutung nur vertiefen.
Der „Friedensprozess“ – Ein Trugbild?
Besonders kritisch beleuchtet die TKP den aktuellen „Friedensprozess“ zwischen der AKP-Regierung und der PKK. Dieser sei keineswegs Ausdruck von Versöhnung oder Gerechtigkeit, sondern Resultat internationaler Erpressung, ökonomischer Erschöpfung und geostrategischer Interessen. Die Rolle der USA und Großbritanniens sei dabei zentral – ebenso wie die ökonomische Schwäche des AKP-Regimes.
Die geplante Machtbeteiligung jihadistischer Kräfte in Syrien – etwa durch die Unterstützung der islamistischen HTŞ – sowie die angestrebte De-facto-Anerkennung der SDF-Strukturen im Norden Syriens, offenbaren laut TKP eine imperiale Realpolitik, bei der weder Frieden noch Gerechtigkeit für die kurdische Bevölkerung im Zentrum stehen, sondern einzig geopolitische Berechnung.
Neue „Republik“ oder alter Klassenstaat?
Die TKP warnt eindringlich: Unter dem Deckmantel eines „neuen Gesellschaftsvertrags“ droht keine demokratische Erneuerung, sondern die Festigung kapitalistischer Herrschaftsverhältnisse. Die geplante Verfassungsreform diene nicht den arbeitenden Massen, sondern verfolge das Ziel, eine autoritäre Ordnung mit islamisch-nationalistischen Vorzeichen zu stabilisieren. Entscheidend sei dabei, dass auch Teile der kurdischen Führung bereit seien, sich in diese neue Ordnung einzupassen – nicht im Interesse des kurdischen Volkes, sondern aus Klasseninteresse. Der Schulterschluss von AKP-Regime und Teilen des kurdischen Bürgertums bedeute eine strategische Übereinkunft zweier Kapitalfraktionen – auf Kosten der werktätigen Bevölkerung.
Die TKP ruft daher zu einer konsequenten Ablehnung jeder Form von Klassenkompromiss auf. Weder der „Friedensprozess“ noch eine neue Verfassung könnten im Rahmen des bestehenden Systems zu echter Gerechtigkeit führen. Die einzige Perspektive liege in einer sozialistischen Republik, die auf der Organisierung der arbeitenden Klassen beruhe – jenseits ethnischer, religiöser oder nationalistischer Trennlinien. Dazu fordert die Partei den Aufbau einer revolutionären Volksmacht: durch Räte, Versammlungen und ein neues, klassenbasiertes gesellschaftliches Bündnis. Eine wirkliche Lösung der kurdischen Frage, so die TKP, ist nur durch den gemeinsamen Kampf aller Werktätigen gegen Kapital und Imperialismus zu erreichen.
Quelle: TKP