HomeKlassenkampfArbeitsrechtlicher Eklat: Betriebsratswahl gerichtlich verboten

Arbeitsrechtlicher Eklat: Betriebsratswahl gerichtlich verboten

Am Dienstag wäre beim Grazer Messtechnik-Konzern Anton Paar GmbH eine Betriebsratswahl angesetzt gewesen. Die Geschäftsführung konnte diese nun per einstweiliger Verfügung verhindern.

Steiermark. Dass Belegschaftsvertreterinnen und –vertreter, insbesondere dann, wenn sie konsequent für die Interessen ihrer Kollegen eintreten, ein Dorn im Auge so mancher Geschäftsführung sind, ist nichts Neues. Dass die Corona-Krise nun aber dafür herhalten muss, dass die Belegschaft ihre Rechte nicht wahrnehmen darf, zeugt schon von besonderem Zynismus. Der Geschäftsführer der Anton Paar GmbH, Friedrich Santner, konnte nun vor Gericht eine einstweilige Verfügung durchsetzen, die die Abhaltung der für den 19. Mai, angesetzten Betriebsratswahl verbietet. Zuvor hatte Santner in einer E‑Mail an die Belegschaft bereits angekündigt, dass er rechtlich dazu verpflichtet sei, wegen der anhaltenden Corona-Krise die ausgeschriebene Betriebsratswahl zu untersagen.

Konzernführung habe kein Recht in Betriebsratswahl einzugreifen

Die zuständige Gewerkschaft GPA-djp ist über die Vorgehensweise der Geschäftsführung empört, denn „die Geschäftsführung eines Unternehmens [habe] laut Arbeitsverfassungsgesetz keinerlei Recht (…), in eine Betriebsratswahl einzugreifen, im Gegenteil verpflichtet ist, geeignete Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung zu stellen und für einen geordneten Ablauf zu sorgen.“ Das Verhalten der Konzernleitung sei „geradezu absurd“. Die GPA-djp argumentiert, dass ein Wahlvorstand bereits gewählt, die Wahl ordnungsgemäß ausgeschrieben und die Betriebsratswahl ohnehin schon längst im Gange sei, da die Stimmzettel für die Briefwahl fristgerecht verschickt wurden. Es sei „eine lächerliche Behauptung“, dass Betriebsratswahlen zum angeblichen Schutz der Beschäftigten erst nach dem 31. Oktober stattfinden dürften, wenn Geschäfte und Gastronomie geöffnet und die Mitarbeiterinnen und –arbeiter des steiermärkischen Messtechnik-Konzerns ohnehin arbeiten müssten. Die GPA-djp verweist zudem darauf, dass in anderen Betrieben trotz Corona-Krise bereits eine ganze Reihe von Betriebsratswahlen unter Wahrung von notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt werden konnten.

Anton Paar GmbH weist Vorwürfe zurück

Geschäftsführer Santner zeigt sich von den Anschuldigungen unbeeindruckt und sieht sich im Recht: Es liege eine einstweilige Verfügung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen, als zuständiges Arbeits- und Sozialgericht, vor, die die angesetzte Betriebsratswahl verbiete. Zudem sei, so die Argumentation der Konzernführung, eine einstweilige Verfügung gegen die Geschäftsführung, eine Einmischung in die Wahl des Angestelltenbetriebsrates zu unterlassen, vom Gericht am Montag abgewiesen worden. Abseits der Beschwerden ist die Gewerkschaftsführung offenbar vor allem der Sozialpartnerschaft und dem sozialen Frieden verpflichtet, mit einer Durchsetzung der Belegschaftsinteressen ist nicht zu rechnen. Die Partei der Arbeit (PdA) stellt bereits in verschiedenen Zusammenhängen fest, dass die Arbeitenden sich eigenständig organisieren müssen und nicht nur gegen das Kapital, sondern auch die kapitalhörige Gewerkschaftsführung kämpfen müssten. Deswegen setzt sich die PdA für den Aufbau einer kämpferischen Arbeiterfront ein.

Quelle: kurier​.at

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