HomeKlassenkampfAuch Nichtbetroffene macht Personalabbau krank

Auch Nichtbetroffene macht Personalabbau krank

Kündigungen und Entlassungen ziehen Krankheiten nach sich, die sich aus der daraus resultierenden psychischen Belastung der Betroffenen ergeben. Eine neue Studie hat gezeigt, dass das auch auf die übriggebliebene Belegschaft zutrifft.

Linz. Kündigungen und Entlassungen von Arbeitskräften führen bekanntlich zu enormem psychischem Druck bei den Betroffenen, der sich in leichten oder schweren Erkrankungen äußern kann – im schlimmsten Fall, wenn die Situation gänzlich ausweglos erscheint, auch im Suizid. Dass dieser Umstand auch die übriggebliebene Belegschaft beeinflusst, liegt an sich auf der Hand, wurde jedoch sehr wenig thematisiert und analysiert. 
Am VWL-Institut der JKU-Linz wurden anonymisierte Daten der Sozialversicherung in Unternehmen Oberösterreichs untersucht, die in den Jahren 1998–2014 (also noch vor dem Ausbruch der Covid19-Pandemie) Personalabbau betrieben haben. Das Institut identifizierte rund 43.000 Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte aus Betrieben, in denen Personalabbau durchgeführt wurde und verglich sie mit Kontrollgruppen, die zur damaligen Zeit noch keinen Abbau miterleben mussten. 

Aus der Studie geht hervor, dass sich jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Abbau ihrer einstigen Kolleginnen und Kollegen wenig einschüchtern lassen würden – sie litten demzufolge „gar nicht“ oder zumindest nicht folgenschwer. Die Auswirkungen würden aber schleichend mit dem Alter deutlich zunehmen und stärker ins Gewicht fallen. 18 Monate nach der Kündigung oder Entlassung stieg die Summe der verschriebenen Medikamente um 6,8 Prozent und die Krankenhaustage zwischen 12,4 und 18 Prozent, bei Übervierzigjährigen sogar um 20 Prozent. Im Gegensatz dazu sind laut der Studie Frauen stärker von psychischer Belastung nach einem Personalabbau betroffen, unabhängig von ihrem Alter. 

Bei den Nichtgekündigten nahmen stressbedingte Krankheiten zu, psychische Krankheiten ebenso wie Herz-Erkrankungen, und in geringerem Ausmaß sogar Muskel-Skelett-Probleme. Die Studie empfiehlt den Unternehmen mehr oder weniger, die Gesundheit der verbliebenen Belegschaft im Auge zu behalten und Absicherungen, kurzfristige Jobgarantien usw. auszusprechen, um der Unsicherheit vorzubeugen. Außerdem würden sich so gesehen auf die Dauer auch die Krankschreibungen negativ auf die Bilanz des jeweiligen Unternehmens auswirken. Herzlos ausgedrückt: rund 94.000 Euro entstünden durchschnittlich an zusätzlichen Kosten durch die Vermehrung der Krankenhaustage, die wiederum natürlich aus der psychischen Belastung durch die vorgenommenen Kündigungen resultieren. 

Aber wie immer stellt sich die Frage, welchen Spielraum der Kapitalismus gewährt und kurzfristige Absicherungen und Jobgarantien, die vom Unternehmer selbst ausgesprochen werden, können ohnehin nie von Dauer sein. Es ist ordentlicher gewerkschaftlicher Kampf, der auf kurze Sicht vor Personalabbau schützt, es ist aber eine andere Gesellschaftsform vonnöten, in der langfristig willkürliche Kündigungen und Entlassungen aus Gründen der Profitabilität verunmöglicht werden können. Um diese Gesellschaft zu erreichen, lohnt es sich offensichtlich auch um der psychischen und physischen Gesundheit willen zu kämpfen. 

Quelle: ORF/Krone

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