Der Supreme Court entschied vergangene Woche, dass die scheinselbständigen Uber-Fahrer reguläre Arbeitnehmer sind und entsprechende Ansprüche haben – ein wichtiger Erfolg gegen das US-Ausbeuterunternehmen.
London. Die Fahrer des umstrittenen Personenbeförderungsunternehmens Uber haben am Obersten Gerichtshof (Supreme Court) Großbritanniens einen historischen Sieg errungen: Das Gericht entschied am 19. Februar, dass die Uber-Fahrer Arbeitnehmer und nicht selbständige Auftragnehmer sind. Das bedeutet, dass sie als solche Anspruch auf Mindestlohn, Urlaubs- und Krankengeld sowie Pensionszahlungen haben. Die Richter fügten bei ihrer einstimmigen Entscheidung hinzu, dass jeder Versuch des US-amerikanischen Unternehmens, das Urteil durch eine Änderung der Verträge zu umgehen, nichtig sei. Es zähle nicht der Vertrag, sondern die tatsächliche Beziehung zwischen den Fahrern und Uber – diese bleibe ungeachtet von versuchter Vertragskosmetik ein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis.
Der Fall, der von der Gewerkschaft „App Drivers and Couriers Union“ (ADCU) betrieben wurde, war erstmals 2016 vor einem britischen Arbeitsgericht gelandet. In der Zwischenzeit hatte Uber die Ansicht vertreten, die Angelegenheit sei auf jene 25 Fahrer zu beschränken, die ursprünglich einen Gerichtsentscheid angestrengt hatten. Doch die Anwälte der ADCU vertraten mittlerweile rund 8.000 Uber-Fahrer und sprachen von einem Versuch, diese einzuschüchtern. Jeder Fahrer könnte Anspruch auf eine Entschädigung von ca. 12.000 Euro haben, was das Unternehmen aus San Francisco über 26 Millionen Euro kosten würde. Darüber hinaus hat das Urteil freilich Auswirkungen auf den Rest der so genannten „Gig Economy“, wo Arbeitnehmer als scheinbare Auftragnehmer – oft über Online-Plattformen oder Handy-Apps – von den „Vermittlungsunternehmen“ massiv ausgebeutet werden: Dies betrifft z.B. vielerorts Fahrradkuriere und Essenzusteller, aber beispielsweise auch Handwerker, Reinigungskräfte, Designer oder Übersetzer. James Farrar, der Generalsekretär der ADCU, erklärte: „Den Uber-Fahrern wird auf grausame Weise ein falscher Traum von endloser Flexibilität und unternehmerischer Freiheit verkauft. Die Realität sind illegale Niedriglöhne, gefährlich lange Arbeitszeiten und eine intensive digitale Überwachung.“
Das britische Urteil steht in scharfem Kontrast zur Situation in den USA, dem Heimatmarkt von Uber: Dort haben Uber und verbündete Unternehmen mit ähnlicher Methodik ein vergleichbares Urteil des kalifornischen Arbeitsgerichtes ausgehebelt, indem sie mit einer Millionen-Dollar-Kampagne ein Referendum („Proposition 22“) erreichten, mit dem die Uber-Dienstnehmer sowie andere Fahrer der Gig Economy vom Arbeitsrecht ausgenommen werden. Es gibt auch in Großbritannien Überlegungen, die bestehende Gesetzeslage – und damit das Urteil – umzustoßen, doch die Möglichkeiten sind dort limitierter. Ähnliche juristische Entscheidungen wie in Großbritannien gibt es bislang in Frankreich, Spanien und den Niederlanden. In vielen EU-Staaten ist hingegen der Status von Gig-Arbeitern unklar oder offen, mit nur geringen Bemühungen auf parlamentarischer Ebene, deren Situation zu verbessern.
Quelle: Morning Star