Graz. Im Grazer Bezirk Jakomini ist es am Mittwoch zu einer tödlichen Gewalttat gekommen. Eine 72-jährige Frau wurde im Innenhof eines Mehrparteienhauses mit schweren Verletzungen aufgefunden. Trotz sofortiger Erste-Hilfe-Maßnahmen durch Rettungskräfte verstarb die Frau noch am Tatort. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf Mord.
Während Medien noch rätseln, ob es sich um eine „Beziehungstat“ oder „Nachbarschaftsstreit“ gehandelt haben könnte, steht für uns fest: Wieder wurde eine Frau in Österreich Opfer tödlicher Gewalt. Wieder handelt es sich nicht um ein tragisches Einzelereignis, sondern um Ausdruck eines gesellschaftlichen Zustands, in dem Frauenleben offenbar weniger zählen.
Ein 53-jähriger Mann, der im selben Wohnhaus lebt, wurde kurz nach der Tat als Verdächtiger festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, seine Nachbarin im Zuge eines Streits getötet zu haben. Die Polizei hatte unmittelbar nach dem Notruf eine Alarmfahndung im Stadtgebiet von Graz ausgelöst, bei der zahlreiche Streifen und eine Polizeidrohne zum Einsatz kamen. Der Mann wurde noch am selben Tag festgenommen.
Laut Polizei hatte die Frau massive Kopfverletzungen erlitten. Genauere Details zur Tat und zum Tathergang sind derzeit Gegenstand laufender Ermittlungen, die vom Landeskriminalamt Steiermark geführt werden. Die Spurensicherung und Befragungen sind im Gange, auch das Motiv ist bislang unklar.
Die Ermittlungsbehörden bitten mögliche Zeuginnen und Zeugen, sich bei der Polizei zu melden. Die Justiz prüft derzeit die Haftfrage. Weitere Informationen sollen nach Abschluss erster Ermittlungsschritte bekannt gegeben werden.
Die getötete Frau war 72 Jahre alt. Was hat sie ihr Leben lang geleistet, ertragen, getragen – um am Ende brutal ermordet zu werden, möglicherweise im eigenen Wohnumfeld, wo sie sich eigentlich sicher fühlen sollte? Gewalt gegen Frauen ist kein Schicksal, sie ist das Resultat einer Gesellschaft, die patriarchale Unterdrückung und Klassenausbeutung täglich reproduziert. Es fehlt nicht an Beweisen, es fehlt am politischen Willen und vor allem an einer klaren Klassenperspektive: Wer Gewaltverhältnisse abschaffen will, muss nicht nur Geschlechterrollen, sondern auch Eigentumsverhältnisse infrage stellen.
Die Tat in Graz reiht sich ein in eine lange Liste von Femiziden in Österreich – einem der Länder mit der höchsten Rate an Frauenmorden in Europa. Jahr für Jahr werden Frauen ermordet, fast immer von Männern aus dem sozialen Nahraum. Und Jahr für Jahr folgt die gleiche Sprachlosigkeit, das gleiche mediale Abwiegeln, die gleichen leeren politischen Floskeln.
Quelle: ORF