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Friseurweltmeister müssen Haare lassen

Die traditionsreiche Wiener Friseurkette Bundy ist pleite, 168 Arbeitsplätze stehen zur Disposition.

Wien. Die Brüder Hans und Georg Bundy gewannen 1962 in Amsterdam den Titel eines „Friseurweltmeisters“ (ja, gibt’s wirklich). In weiterer Folge wurden die beiden zu einer kleinen Society-Attraktion in Österreich, was sie für lukrative Werbeverträge sowie den Auf- und Ausbau einer regelrechten Friseursalon-Kette nützten. Die bereits 1919 von ihrem Großvater mit einem Geschäft in der Leopoldstädter Praterstraße gegründete Bundy-Haarschneiderei musste nun jedoch Insolvenz anmelden: Am vergangenen Montag wurde am Wiener Handelsgericht das Konkursverfahren eröffnet. Dieses betrifft zunächst die Dachholding Bundy Bundy GmbH (früher: Bundy & Bundy) sowie deren Tochter „Bundy Bundy Style In“, die an neun Standorten 144 Beschäftigte aufweist. Nicht tangiert sind die drei mondäneren Luxus-Filialen von „Bundy Bundy Exclusiv“. In Summe geht es um finanzielle Verbindlichkeiten von knapp 3,4 Millionen Euro, die nicht mehr bedient werden können, sowie um immerhin 168 Arbeitsplätze.

Als Begründung für die Pleite gibt das Unternehmen die pandemiebedingten Umsatzeinbußen an, die Geldgeschenke der Regierung – Fixkostenzuschuss, Umsatzersatz, Kurzarbeit – hätten nicht ausgereicht. Und das private Vermögen der Familie Bundy darf freilich nicht angetastet werden. Insofern ist zu erwarten, dass die kapitalistischen Pleitiers ungeschoren bleiben, während verschiedene Gläubiger mit einer 20-Prozent-Quote ihrerseits Einbußen hinnehmen müssen. Das gilt natürlich nicht für die Angestellten und etwaige Lohnrückstände, aber für die betroffenen Mitarbeiter der Bundy-Kette stellt sich ohnedies die Frage, ob sie noch lange einen Job haben werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Insolvenzverfahren unter der vom Gericht eingesetzten Verwalterin zu massiven Einsparungen führen – und somit zu Filialschließungen und Personalabbau. Im schlimmsten Fall könnte die 102-jährige Unternehmensgeschichte freilich auch gänzlich hinweggeföhnt werden. Aber nein: Der Bundy-„Flag-Ship-Store“ im barocken Palais Lamberg in der Wiener Innenstadt, einst Geschäftsräumlichkeiten von Kaiser Franz Stephan, wird für die besonders gut betuchten Kunden schon erhalten bleiben. Persönlich haben Hans und Georg Bundy die Schere eh schon längst an den Nagel gehängt.

Quelle: Der Standard

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