HomeKlassenkampfGewalttäter mit Aristokratiehintergrund verhaftet

Gewalttäter mit Aristokratiehintergrund verhaftet

Ernst August Hannover, in Deutschland irgend so ein „Prinz“, wurde in Oberösterreich von der republikanischen Polizei in Gewahrsam genommen – das Volk kann aufatmen.

Gmunden. Das deutsche Adelsgeschlecht der Welfen verfügt über eine ruhmvolle Geschichte: In den letzten 1.000 Jahren brachte man es immerhin auf einen römisch-deutschen Kaiser (1209–2018), auf einige hochmittelalterliche Herzöge von Bayern und Sachsen sowie auf die Kurfürsten- (1692) und Königswürde (1814) in Hannover, weswegen die Hauptlinie auch als „Haus Hannover“ bekannt ist. Zuletzt, das heißt bis 1918, regierten die Welfen als Herzöge von Braunschweig. Zwischendurch, 1741–1901, hatte das Haus Hannover sogar den britischen (und irischen) Königsthron inne – dies endete mit dem Tod Queen Victorias am Höhepunkt des Empires, doch man findet sich immer noch in der Thronfolge des Vereinigten Königreiches (ca. Platz 450 ff.). Die Gegenwart ist freilich weniger glanzvoll, sondern eher beschämend, denn das aktuelle Oberhaupt des Familiengeschlechts der Welfen und des Hauses Hannover ist der einigermaßen berüchtigte Prinz Ernst August. Der inzwischen 66-jährige ist hinlänglich bekannt für diverse Skandale, als wenig sympathischer „Prügelprinz“ und „Pinkelprinz“. An seinem oberösterreichischen Wohnsitz im Gemeindegebiet von Grünau im Almtal (Bezirk Gmunden), wo der Prinz Ehrenbürger ist, endeten mehrere Eskalationen nun mit seiner polizeilichen Verhaftung und Verbringung in die Justizanstalt Wels.

Vom Exilschloss ins Gefängnis

Ernst August Albert Paul Otto Rupprecht Oskar Berthold Friedrich-Ferdinand Christian-Ludwig, Prinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland – so der amtliche Name (nicht Titel) in Deutschland – und seine Familie sind eng verbunden mit dem oberösterreichischen Salzkammergut: Als Preußen 1866 das Königreich Hannover annektierte, fanden die Welfen Exil im bis dahin verbündeten Österreich, wo man bei Gmunden das neogotische Schloss Cumberland als Residenz errichten ließ. Dieses gehört inzwischen der Republik Österreich, doch die „Königinvilla“ in der Bezirkshauptstadt sowie das Jagdschloss „Hubertihaus“ im Almtal stehen nebst beträchtlichem Forstbesitz immer noch im Familieneigentum. Auf letzteres hatte sich Ernst August Hannover – so muss er wohl im republikanischen Österreich korrekt heißen – zurückgezogen, zumal er gesundheitliche Probleme hat. Allerdings war es bereits in den vergangenen Wochen zu zwei Polizeieinsätzen gekommen, in deren Verlauf er die Beamten mit einem Messerschleifer sowie einem Baseballschläger angegriffen haben soll, weswegen er vorübergehend in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Vöcklabruck eingewiesen worden war. Nun, am 7. September 2020, erfolgte die Festnahme auf richterlichen Beschluss, nachdem er seine Bediensteten bedroht haben und mit einem Verkehrsschild bewaffnet vandalistisch aktiv geworden sein soll. Die Staatsanwaltschaft Wels ermittelt gegen Herrn Hannover wegen Nötigung, gefährlicher Drohung und Sachbeschädigung.

Problemprinz braucht Hilfe

Die ganze Angelegenheit ist natürlich ein gefundenes Fressen für die deutsche Boulevardpresse, mit der der Welfenprinz ohnedies schon lange im Clinch liegt (er analysierte die „Bild“ einmal wenig graziös, aber vertretbar als „Scheißzeitung“, bei der „Arschlöcher“ arbeiten). Unterm Strich liegt doch einige Tragik im Niedergang des einst stolzen Hauses, den der, gelinde gesagt rüpelige, Ernst August offenbar zu Ende bringen will. Es scheint einfach so, als wäre der Prinz ohne Herrschaft ein wenig überfordert mit seiner Rolle in Demokratie, Republik und Promi-Society – mit dem NS-Faschismus war es einfacher, wie sein Vater als Arisierer und Zwangsarbeitsprofiteur bewies, mit der Monarchie sowieso. Hinzu kommt womöglich auch noch die Tatsache, dass der europäische „Hochadel“ mit seiner inzestuösen Vergangenheit nicht all seinen Angehörigen unbedingt den vielversprechendsten Genpool zuweist. Die „adelige Abstammung“, die der Aristokratie über Jahrtausende die gottgewollte Herrschaft über das gemeine Volk legitimieren sollte (und mancherorts immer noch soll), erwies sich als kontraproduktiv. So degeneriert wie eine ganze Reihe von Monarchen und leider-nicht-mehr-Monarchen erschienen und erscheinen, könnte der Pöbel niemals sein – auch eine Art von „natürlicher Auslese“. Was nun den bedauernswerten Herrn Ernst August Hannover – übrigens auch ein Urenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. – betrifft, so ist einerseits wichtig, die Menschen vor seinen Über- und Angriffen zu schützen. Andererseits wollen wir aber auch untertänigst hoffen, dass er nun endlich die professionelle Hilfe bekommt, die er dringend benötigt. Denn die demokratische Republik hat sich um alle Bürger zu kümmern, ungeachtet ihres Standes und Stammbaumes. Wir sind ja nicht so.

Quelle: ORF

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