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Kapitalistischer Preisdruck bedroht Bauernschaft

Die Landwirtschaft ist ein wesentliches Rückgrat der österreichischen Lebensmittelproduktion. Doch die Produzenten, die Bauern, erhalten für ihre Erzeugnisse immer weniger Geld, was deren Existenz und die Versorgungssicherheit bedroht. Ein aktuelles Beispiel ist die Erdäpfelproduktion.

Sankt Pölten. Wie die niederösterreichische Landwirtschaftskammer bekanntgab, sanken die Produzentenpreise für Erdäpfel heuer auf ein Rekordtief. Anders gesagt: Die Bauern erhalten für ihre Produkte immer weniger Geld – aktuell sind es lediglich fünf bis sieben Cent für ein Kilogramm Erdäpfel, zuvor waren es noch zehn bis zwölf Cent. Dies bedeutet also einen Einkommensverlust für Erdäpfelbauern von bis zu 50 Prozent. Zwei Gründe werden hierfür angeführt: Einerseits ist die Ernte in diesem Jahr, nach zuletzt zwei schwachen Jahren, besonders ertragreich; anderseits sind viele Erdäpfel aufgrund der optimalen Bedingungen im Juni überdurchschnittlich groß und weichen von der gewünschten „Norm“ ab – d.h. die Bauern mit den größten (und meisten) Kartoffeln sind aufgrund der kapitalistischen Marktbedingungen wieder einmal „die Dummen“: Je besser die Ernte, desto niedriger die Preise. Damit ist die Krankheit des Systems recht anschaulich markiert. Das Resultat ist: Der Preisdruck durch Abnehmer, Zwischenhändler und Supermarktketten sowie die Wirtschaftskrise drohen abermals viele landwirtschaftliche Klein- und Mittelbetriebe in den Ruin zu treiben.

Gewinne für Monopole, Existenzkampf für Bauern

Zu ergänzen ist freilich, dass die Produzentenpreise ohnedies immer schon auf einem erschreckend niedrigen Niveau sind, weswegen man sich über das „Bauernsterben“ wahrlich nicht wundern braucht. Nicht nur fünf Cent, sondern auch zehn Cent sind für ein Kilogramm Erdäpfel einfach zu wenig – v.a., wenn man sich vor Augen führt, zu welchem Endpreis im Supermarkt verkauft wird. Die Durchschnittsware wird bei den beiden größten Ketten, Billa/Merkur und Spar, um 1,10 Euro angeboten. Die Bio-Produkte („Ja! Natürlich“ bzw. „Natur pur“) kosten 1,49 Euro, die Diskontschienen („Clever“ bzw. „S‑Budget“) immer noch 60 Cent. Einerseits ist es ja geradezu erstaunlich, dass die monopolkapitalistischen Marktführer auf den Cent genau zu exakt identischen Preisen kommen – aber das sind gewiss nur zufällige Markterscheinungen, keine verbotenen Absprachen. Andererseits ist die Differenz zum Produzentenpreis für die Bauern bemerkenswert: Wenn also ein Kilogramm Erdäpfel im Supermarkt im Schnitt aller Varianten auf rund einen Euro kommt und die Bauern dafür aber nur zehn oder gar lediglich fünf Cent erhalten haben, dann macht dies gerade einmal zehn oder fünf Prozent des Endpreises aus. Es stellt sich die Frage: Wohin gehen die restlichen 90 oder 95 Prozent, von denen der Bauer nichts sieht? Natürlich müssen Transport und Verpackung miteinbezogen werden, aber der Großteil entfällt auf Zwischenhändler und die Gewinnmarge der Supermärkte. Auch wenn man in Betracht zieht, dass Supermarktketten freilich auch ihre Kosten haben (etwa Löhne und Gehälter), so erscheint diese Differenz gänzlich unverhältnismäßig. Die einzelnen Lebensmittelproduzenten werden mit lächerlichen Preisen abgespeist, die großen Lebensmittelhändler machen satte Profite auf Basis landwirtschaftlicher Arbeitskraft. Das kann nicht funktionieren, nicht nur bei Erdäpfeln, sondern genauso wenig bei Milch, Getreide oder der Fleischproduktion.

Kapitalismus ruiniert Landwirtschaft

Es erscheint offensichtlich, dass auf dieser Grundlage keine vernünftige und sichere Produktion agrarischer Lebensmittel und keine ausreichende Existenz der österreichischen Bauernschaft möglich ist, auch unabhängig vom aktuellen Preisdruck und von der gegenwärtigen Krise. Selbstverständlich müssen die Bauern für ihre Arbeit und ihre Produkte mehr Geld bekommen. Aber so funktioniert der Kapitalismus eben nicht: Die Bauernschaft, die fälschlich an die Seite der kapitalistischen Unternehmer gestellt wird, soll maximal ausgebeutet werden, damit Agrarmonopole, Zwischen- und Endhändler größtmögliche Gewinn einstreifen. Sollte doch einmal eine leichte Erhöhung der Produzentenpreise durchgesetzt werden, so holen sich die Supermarktketten den „Verlust“ eben durch Erhöhung des Endpreises bei den Kunden zurück. Die arbeitenden Menschen, ob als Bauern, Lohnabhängige oder Konsumenten, zahlen immer drauf. Es braucht schon ein anderes Wirtschafts- und Landwirtschaftssystem, um eine nachhaltige, effiziente und existenzsicherende Lebensmittelproduktion zu ermöglichen.

Quelle: ORF

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