In den beiden „Sacher Hotels“ in Wien und Salzburg verlieren 140 Angestellte ihre Jobs, damit die superreiche Eigentümerfamilie möglichst reich bleibt. Staatssubventionen für die Corona-Kurzarbeit erhält man natürlich trotzdem.
Wien/Salzburg. Die Philharmonikerstraße Nr. 4 ist eine der ersten Adressen in der Wiener Innenstadt, wenn es um gehobene Beherbergung geht. Am Eck zur Kärntnerstraße und schräg hinter der Staatsoper befindet sich das berühmte „Hotel Sacher“ – eine Wiener Institution seit 1876, wenngleich gewiss über 99 Prozent der österreichischen Bevölkerung noch nie drinnen waren: Schließlich ist es ein Fünf-Sterne-Luxushotel, das seine Kundschaft bei den Reichen und Superreichen findet. Als die Gründerfamilie Sacher 1934 in Konkurs ging, wechselten die Eigentümer, die Familien Gürtler und Winkler sind nun deren gut betuchte Erben. Noch bekannter als das Hotel ist die Sachertorte, deren Grundform bis 1832 zurückreicht. Nach einem Copyright-Rechtsstreit produziert die „Echte Sacher-Torte“ zwar der Hofzuckerbäcker Demel, die „Original Sacher-Torte“ hingegen – Sacher. Solche Kompromisse gibt’s auch nur in Wien, ebenso wie die eigentlich fragwürdige Intention, Schokolade und Marillenmarmelade (BRD/EU: Aprikosenkonfitüre) unbedingt kombinieren zu wollen. Da sich die „Sacher Hotels Betriebs-GmbH“ inzwischen zu einem umfassenderen Unternehmen entwickelt hat, übersiedelte die Tortenproduktion 1999 vom Hotelkeller in ein eigenes Betriebsgebäude in der Nähe des Wiener Zentralfriedhofs in Simmering – hier werden jährlich ca. 360.000 Sachertorten von knapp 50 Angestellten hergestellt. Doch zurück zum Hotel.
Klassenkampf im Luxushotel
Das ursprüngliche Hotel in der Wiener City ist Zentrale und Zentrum des Unternehmens, mittlerweile gibt es aber seit 1989 auch eine „Hotel Sacher“-Dependance in Salzburg (früher: „Österreichischer Hof“), in Graz und Innsbruck zertifizierte Café-Konditoreien sowie in Bozen einen offiziösen Sacher-Shop. Daher hat man natürlich auch hunderte Angestellte, allein am Wiener Standort 450: Bäcker, Köche, Kellner, Reinigungspersonal, Pagen, Rezeptionisten und vermutlich auch immer noch einen Portier, wenngleich nicht Fritz Eckhardt. Nun schlagen jedoch Corona-Epidemie und Wirtschaftskrise zu: Es soll einen Umsatzrückgang von bis zu 75 Prozent geben, wie „Sacher“-Leiter Matthias Winkler gegenüber den Medien berichtete – und dieser Mann kennt sich gewiss aus mit Finanzen und allen Schmähs rund ums Geld, denn er war ja früher Kabinettschef des legendären Finanzministers Karl-Heinz Grasser, ehe er bei den Gürtlers einheiraten konnte. Am vergangenen Dienstag gab Winkler nun bekannt, dass 140 Mitarbeiter per sofort gekündigt werden, 35 in Salzburg, 105 in Wien. Der Rest soll in Kurzarbeit weitermachen. Also auch hier: Gerne nimmt man staatliche Subventionen auf Steuergeldbasis beim Kurzarbeitsmodell der Regierung an, die Arbeitsplätze werden aber trotzdem nicht gesichert – im Wiener Hotel verliert sogar fast ein Viertel der Angestellten seine Jobs, die übrigen dürften auch wackeln, wobei sich Winkler überaus besorgt gibt. Muss er auch, denn seine Familie Gürtler-Winkler sitzt ja nur auf einem Vermögenspolster von etwa 250 Millionen Euro. Viel zu wenig, um Kofferträgern und Putzfrauen, die sich für superreiche Hotelgäste abschuften, Arbeitsplätze und Löhne zu garantieren. Und wer dann kein Brot mehr hat, kann ja Sachertorte essen. Offenbar wäre es höchste Zeit für proletarischen Klassenkampf im Luxushotel, denn von oben wird der bürgerliche Klassenkampf schon geführt – zulasten der Angestellten, zugunsten der Profite, erst recht in Krisenzeiten.
Quelle: ORF