Die Österreichische Nationalbank prognostiziert weiterhin hohe Inflation sowie ein rückläufiges Wirtschaftswachstum. Den Höhepunkt der Preissteigerungen erwartet die OeNB im Juli.
Wien. Die am Freitag vorgestellte gesamtwirtschaftliche Prognose der Österreichischen Nationalbank erwartet eine Inflationsrate von sieben Prozent für das Gesamtjahr 2022. Zuletzt betrug die Inflation laut Schnellschätzung der Statistik Austria acht Prozent im Mai, im Vergleich zum Vorjahresmonat. Dies stellte einen erneuten Anstieg dar, im April lag die Teuerungsrate noch bei 7,2 Prozent. Den Höhepunkt erwartet die Österreichische Nationalbank im Juli, danach werde die Teuerung bis Jahresende graduell nachlassen. Sollte das tatsächlich eintreten, würde das bedeuten, dass die Preise weiter steigen, jedoch langsamer als aktuell. So erwartet die OeNB noch für den Oktober eine Teuerungsrate von zirka sieben Prozent, für den Dezember 6,5 Prozent.
Trotz der Annahme, dass die Teuerung der Energiepreise in den kommenden Jahren sinken wird, erwartet die OeNB für die Jahre 2023 und 2024 Inflationsraten von 4,2 beziehungsweise drei Prozent, die somit deutlich über dem langjährigen Durchschnitt (2000 bis 2021: 1,9 Prozent) liegen. Grund dafür ist, dass die Kerninflation, also die Inflationsrate ohne die Preistreiber Energie und Nahrungsmittel, laut der Prognose der OeNB kommendes Jahr weiter ansteigen wird. Für 2022 wird eine Kerninflation von 4,1 Prozent prognostiziert.
In der gesamtwirtschaftlichen Prognose der Österreichischen Nationalbank wird auch das erwartete Wirtschaftswachstum Österreichs im weiteren Jahresverlauf sowie den kommenden Jahren behandelt. Die OeNB prognostiziert ein rückläufiges Wirtschaftswachstum von 3,8 Prozent 2022 und jeweils 1,9 Prozent in den beiden Folgejahren. 2021 betrug es noch 4,9 Prozent.
Im Bericht und auf der Pressekonferenz, im Zuge derer er der Öffentlichkeit präsentiert wurde, wird vor allem auf die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die wirtschaftlichen Aussichten für Österreich eingegangen. Dass der Krieg und seine Konsequenzen, beispielsweise die Engpässe am Weizenmarkt oder die westlichen Sanktionen gegen Russland, tatsächlich Auswirkungen auf die Inflation in anderen Staaten haben, steht zweifelsohne fest. Die OeNB jedoch nutzt den Krieg als monokausale Erklärung für die Teuerung und das schrumpfende Wirtschaftswachstum, so wie zuvor die Pandemie als alleinige Ursache der Wirtschaftskrise gerahmt wurde.
Anderen kapitalistischen Widersprüchen, die zu steigenden Preisen führen, beispielsweise der Spekulation auf dem Finanzmarkt und dem Horten von Beständen, wird keinerlei Beachtung geschenkt. Wieso die Inflationsrate also auch schon vor dem Krieg in der Ukraine hoch und wachsend war, lässt sich mit solchen Erklärungsmodellen nicht verstehen.
Quelle: Österreichische Nationalbank