Vier Jahrzehnte nach seiner Entwicklung in der UdSSR und dreieinhalb nach seinem Export in den Westen wurde das Computer- und Konsolenspiel Tetris erstmals von einem Menschen besiegt – eine späte Reminiszenz an die sowjetische Softwareentwicklung.
Oklahoma City/Kyoto/Moskau. Seit dreieinhalb Jahrzehnten haben es Millionen von Spielerinnen und Spieler versucht, doch erst jetzt ist es gelungen: Der US-Amerikaner Willis Gibson hat den Videospielklassiker Tetris nun „zu Ende“ gespielt – oder richtiger: das Programm besiegt. Daran sind unterschiedliche Dinge erstaunlich, zum Beispiel, dass Gibson erst 13 Jahre alt ist; dass es revolutionärer Steuerungsmethoden („Hypertapping“ und „Rolling“) bedurfte, um mit dem Controller überhaupt ausreichend Aktionen pro Sekunde vollführen zu können; oder dass Gibson nun mit einer vor kurzem darauf angesetzten Künstliche Intelligenz gleichziehen konnte.
Das Computer- und Konsolenspiel Tetris beruht auf der Aufgabe, herabfallende Bausteine („Tetrominos“) in sieben unterschiedlichen Formen so auszurichten und zu manövrieren, dass am unteren Bildschirmende immer wieder eine horizontale Ebene entsteht. Die Geschwindigkeit wird dabei freilich immer höher, lange galt Level 29 als unüberwindbar, erst vor drei Jahren wurde Level 40 erreicht. Gibson schaffte es nun bis ins Level 157. Hierbei fror der Bildschirm ein, der „Kill Screen“ beendete das Spiel, da der Score-Algorithmus nicht mehr arbeiten konnte. Der Crash markiert somit Gibsons Sieg. Das Rekordspiel wurde per Livestream dokumentiert, als Plattform diente Nintendos NES-Konsole als klassische Variante (neben dem monochromen Game Boy). Inzwischen gibt es freilich diverse Versionen und Abkömmlinge auf unterschiedlichster Grundlage und diversen Geräten, doch das NES-Tetris von 1989 markiert den Markteintritt in Japan, Westeuropa und Nordamerika. Denn ursprünglich ist Tetris eine Entwicklung aus der UdSSR.
Erfindung eines sowjetischen Programmierers
Das Spiel wurde 1984 vom sowjetischen Programmierer Alexei Paschitnow an der Moskauer Akademie der Wissenschaften entwickelt – ein Hinweis auf diese Herkunft ist die bis heute verwendete, populäre Begleitmusik, nämlich das russische Volkslied „Korobeiniki“ sowie der „Tanz der Zuckerfee“ aus Tschaikowskis „Nussknacker“. Tetris war bereits ein Erfolg in der UdSSR und den sozialistischen Ländern Osteuropas, bevor Ende der 1980er Jahre westliche Softwarekonzerne darauf aufmerksam wurden. In einem abenteuerlichen Lizenzierungsstreit setzte sich am Ende das japanische Unternehmen Nintendo durch. Der Rest ist Geschichte: Tetris ist mit rund 425 Millionen Exemplaren das meistverkaufte Computer- und Konsolenspiel der Welt – und ein genuin sowjetischer Beitrag zur digitalen Spielewelt.
Der sowjetische Sozialismus erlitt bereits Ende 1991 eine Niederlage gegen den Imperialismus und die Konterrevolution. Sein berühmtestes Computerspiel wurde erst 32 Jahre später besiegt.
Quelle: Futurezone