Wien. Die erste Anklage im kriminellen Gesamtkunstwerk rund um Signa-Gründer Rene Benko liegt auf dem Tisch: betrügerische Krida. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) soll Benko unter dem Eindruck des bevorstehenden Zusammenbruchs rund 360.000 Euro an Miet- und Betriebskosten sowie 300.000 Euro in Form einer „Schenkung an Angehörige“ an den Gläubigern vorbei verschoben haben – also mitten im wirtschaftlichen Kollaps noch schnell Vermögen zur Seite geschafft. Strafrahmen: bis zu zehn Jahre Haft. Die Unschuldsvermutung gilt, wie es so schön heißt, für alle Beteiligten. Auch für diejenigen, die sich jahrelang im Netzwerk des Großkapitals augenscheinlich ungestraft bedienen durften.
Doch das ist erst der Anfang. Die WKStA ermittelt derzeit in zwölf parallelen Strängen gegen Benko und seine Helfer. Die Vorwürfe reichen von Untreue über schweren Betrug bis zur Gläubigerbegünstigung – die Anklage liest sich wie eine Anleitung zur systematischen Ausplünderung von Unternehmen, Investoren, Staat und letztlich der Allgemeinheit.
Ein besonders illustrer Fall ist das sogenannte „Chalet N“ in Lech. Die Eigentümergesellschaft soll laut Ermittlungen unter Selbstkosten an Benko und seine Firmen vermietet haben. Der Schaden? Über 1,5 Millionen Euro. Nebenbei soll auch noch Förderbetrug begangen worden sein: Im Rahmen der COFAG-Covid-Hilfen soll Benko mit Komplizen Hilfsgelder für Hotelzwecke kassiert haben, deren Verwendung – höflich gesagt – „fraglich“ ist.
Dasselbe Muster zeigt sich beim Projekt „Wohnen am Belvedere“ in Wien: Laut Ermittlungen wurden überhöhte Pauschalen verrechnet. Der vermutete Schaden? Über 300.000 Euro.
Und weil das kapitalistische Karussell sich weiterdrehen muss, soll bei einer Kapitalerhöhung der Signa Holding ein kreativer Trick eingesetzt worden sein: Laut Staatsanwaltschaft täuschte Benko Eigenmittel vor, die in Wahrheit aus den Einlagen der anderen Gesellschafter stammten – ein „Geldkarussell“ im perfidesten neoliberalen Stil. Oder wie es im Kapitalismus heißt: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.
Auch international strotzt Benkos Netzwerk vor Intransparenz und Täuschung: Eine Villa am Gardasee soll über eine Beteiligungsgesellschaft an die liechtensteinische Ingbe-Stiftung verkauft worden sein – ohne erkennbare Gegenleistung. Ebenso wurde bei einem Münchner Immobilienprojekt laut Ermittlern ein saudi-arabischer Staatsfonds betrogen. Die Gelder sollen nicht ins vereinbarte Projekt geflossen sein, sondern wurden zweckwidrig verwendet.
Und bei der Verlängerung eines Bankkredits wurde laut WKStA die wirtschaftliche Lage der Signa-Gruppe falsch dargestellt, um sich das Vertrauen der Banken zu sichern. Auch hier lautet der Vorwurf: schwerer Betrug.
All das zeigt, wie das große Spiel der Reichen funktioniert: Netzwerke aus Politik, Banken, Medien und Konzernjuristen sichern einen Lebensstil ab, der auf Schulden, Spekulation und Manipulation basiert. Die Verantwortung wird verwässert, das Risiko auf die Allgemeinheit abgewälzt.
Rene Benko bestreitet alle Vorwürfe. Aber die Causa bringt mit jedem neuen Bericht ein Stück kapitalistischer Realität ans Tageslicht: Ein System, in dem das Risiko sozialisiert und der Profit privatisiert wird – bis zur letzten Million.
Quelle: ORF