Wien. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) steht vor enormen finanziellen Herausforderungen. Laut der jüngsten Finanzprognose rechnet die Kasse 2024 mit einem Defizit von bis zu 800 Millionen Euro. Der Bilanzverlust allein für das kommende Jahr wird mit 481 Millionen Euro beziffert – ein Minus von 2,4 Prozent bei einem Gesamtbudget von 20,2 Milliarden Euro. Bis 2028 sind kumulierte Verluste von über vier Milliarden Euro prognostiziert.
Die angespannte wirtschaftliche Lage trage wesentlich zu den Verlusten bei, erklärt ÖGK-Obmann Andreas Huss gegenüber den Medien. Stagnierende Beschäftigtenzahlen und eine dadurch geringere Zunahme der Beitragszahlungen setzen die ÖGK unter Druck. Gleichzeitig explodiert die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen – ein Trend, den Huss als „nie dagewesen“ bezeichnete. Besonders die alternde Gesellschaft stelle das Gesundheitswesen vor massive finanzielle Herausforderungen, während der medizinische Fortschritt die Kosten zusätzlich in die Höhe treibe.
Ein besonders großer Anteil am Defizit geht auf die Fusion der Krankenkassen zurück – ein Vorhaben, das einst als große Effizienzmaßnahme angepriesen wurde und angeblich Einsparungen von bis zu einer Milliarde Euro bringen sollte. Heute wissen wir: Das war nichts anderes als ein „Marketing-Gag“. Die Realität sieht anders aus: Statt Einsparungen bringt die Fusion den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern bis 2028 zusätzliche Kosten von 1,7 Milliarden Euro.
Diese Kassenfusion verdeutlicht ein grundlegendes Problem: Statt die Interessen der Allgemeinheit in den Mittelpunkt zu stellen, wurde die Reform vor allem auf Machtverschiebungen innerhalb der Selbstverwaltung, Kostensenkungen und vermeintliche Effizienz ausgerichtet – zugunsten neoliberaler Sparlogiken und zulasten des gesamten Gesundheitswesens.
Die Versprechungen der Fusion entpuppten sich als leere Phrasen, doch das Problem liegt noch tiefer. Durch die Fusion wurde das Krankenkassensystem noch stärker als bisher privatisierungsähnlichen Mechanismen unterworfen. Anstatt die Gesundheitsversorgung als öffentliches Gut zu betrachten, wurde sie zu einem Experimentierfeld für Sparmaßnahmen und Effizienzdenken degradiert. Die Versicherten und Beitragszahler zahlen nun die Rechnung.
Die Lösung kann nicht in weiteren Kürzungen oder kosmetischen Reformen liegen. Es braucht eine grundlegende Neuausrichtung des Gesundheitswesens – hin zu einem Modell, in dem Gesundheit als universelles Recht anerkannt wird und konsequent im Interesse der Allgemeinheit organisiert ist.
Quelle: ORF