HomePanoramaStephansdom-Anschlagsplan: Abschiebungen trotz eingestelltem Verfahren

Stephansdom-Anschlagsplan: Abschiebungen trotz eingestelltem Verfahren

Wien. Die Ermittlungen gegen vier Verdächtige, die angeblich Anschlagspläne gegen den Stephansdom in Wien im letzten Jahr verfolgt haben sollen, wurden kürzlich eingestellt. Die Wiener Staatsanwaltschaft sah mangels Tatverdachts keine Grundlage mehr für ein Verfahren, wie der Kurier berichtete. Trotz des Eingeständnisses der Behörde, dass keine ausreichenden Beweise für die Anschlagspläne vorliegen, wurden die Verdächtigen jedoch nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft direkt in Abschiebehaft genommen.

Ende Mai waren die Verdächtigen nach mehreren Monaten in Untersuchungshaft auf freien Fuß gesetzt worden, da kein dringender Tatverdacht mehr bestand. Nur Stunden nach dieser Entlassung wurden sie jedoch in Schubhaft genommen – mit der Begründung, sie würden ein erhebliches Gefährdungspotenzial darstellen. Damit blieb ihnen kaum eine Chance, ihr Leben und ihre Perspektiven hier in Österreich weiter zu führen. Es zeigt sich, wie die Debatte über Terror die Lage im Land angeheizt, Ängste geschürt und hartes Durchgreifen beziehungsweise unverhältnismäßiges Vorgehen legitimiert werden.

Suizid in Schubhaft

Besonders ein Ereignis sorgt für heftige Kritik: Ein Mann, der kurz vor seiner geplanten Abschiebung nach Dagestan stand, wurde tot in seiner Zelle aufgefunden. Die Behörden gehen von Suizid aus – ein Vorfall, der Fragen nach dem Umgang mit der Schubhaft und den psychischen Belastungen aufwirft, die solche Maßnahmen für Betroffene bedeuten können.

Laut Berichten des Kurier wurden die übrigen Verdächtigen im ersten Halbjahr abgeschoben. Die Frage, die nun viele bewegt, lautet: Wenn das Verfahren aufgrund mangelnder Beweise eingestellt wurde, war die Abschiebung dieser Menschen notwendig oder gar gerechtfertigt? Kritiker werfen den Behörden vor, durch den Umgang mit den Verdächtigen das Prinzip der Unschuldsvermutung verletzt zu haben.

Wer ist gefährlich und wird abgeschoben?

Die Fälle werfen ein Schlaglicht darauf, wie im Land mit Menschen verfahren wird, die als „gefährlich“ eingestuft werden – selbst wenn keine ausreichenden Beweise vorliegen. Abschiebungen sollten nach geltendem Recht und eindeutiger Grundlage durchgeführt werden. Der Tod eines Häftlings und die schnelle Abschiebung der anderen Verdächtigen, deren Verfahren eingestellt wurde, werfen erneut Fragen auf, ob hier nicht überzogen und vorschnell gehandelt wurde. Außerdem stellt sich die Frage, welches Klima so auch gesellschaftlich weiter angeheizt wird. Die Aussicht ist sicher nicht rosig.

Quelle: ORF/Zeitung der Arbeit

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