HomePanoramaUntätige Politik - Lebensmittelhandel senkt Preise zumindest temporär

Untätige Politik – Lebensmittelhandel senkt Preise zumindest temporär

Wien. Nachdem das Leben immer weniger leistbar ist und die Regierung nichts tut, gerieren sich nun die großen Lebensmittelhändler als vermeintlich Wohltäter. Wenn die Politik nichts tut, machen sie es jetzt und gehen mit gutem Beispiel voran, sie senken die Preise von Grundnahrungsmitteln und gehen in Opposition zu OVP und Grüne.

Lebensmittelhandel macht satte Profite

Im Jahr 2020 wurde im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel ein Umsatz von rund 23,74 Milliarden Euro erzielt – ein Plus von 10,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dieser Trend scheint sich trotz Teuerung weiter fortzusetzen, so konnte Spar, der Marktführer in Österreich, 2022 einen Umsatzzuwachs von +4,7 Prozent in Österreich verzeichnen. Der Brutto-Verkaufsumsatz der gesamten Gruppe wuchs 2022 sogar um insgesamt +7,3 Prozent auf 18,63 Milliarden Euro. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den anderen Großen im Lebensmittelhandel. Insgesamt setzte der Lebensmittelhandel 2022 25 Milliarden Euro um.

Gleichzeitig sind die Preise in Supermärkten in Österreich für identische Produkte im Schnitt um 13 Prozent höher als in Deutschland. Das zeigen Zahlen, die vor der Teuerung verglichen wurden. Mit der sich ungleich entwickelnden Inflation, die in Österreich höher liegt, ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend noch einmal verschärft hat. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die den Preisunterschied festgestellt haben, können sich den Preisunterschied jedenfalls nicht erklären. 

Österreichs Regierung aus ÖVP und Gründe thematisierte vor einigen Monaten medial offensiv, dass die Unterschiede nicht zu erklären seien. Johannes Rauch (Grüne) und seine Kollegen drohten mit einem Preisvergleichsportal und luden zum Lebensmittelgipfel. Schlussendlich gab es jedoch nichts an Maßnahmen gegen die Teuerung außer Drohungen und medienwirksamer Inszenierung, nicht einmal eine Symbolmaßnahme. Doch jetzt schlägt der Handel zurück und tut auch noch etwas für sein Image.

Lidl „streicht“ Mehrwertsteuer

Vor etwa einer Woche kündigte Lidl an, die Mehrwertsteuer auf Produkte für einen Monat zu senken. Bei 100 Grundnahrungsmitteln wird die Mehrwertsteuer symbolisch quasi gestrichen und die Preise um den entsprechenden Steuersatz von 10 bis 20 Prozent gesenkt. In diesem Zusammenhang hielt die Geschäftsleitung von Lidl Österreich fest: „Ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel würden wir selbstverständlich sofort und vollumfänglich weitergeben! Dies wäre jedenfalls eine Maßnahme, die ohne allzu große laufende administrative Aufwände schnell umgesetzt werden kann. Wir sind bereit.“, so die verbale Spitze in Richtung Politik. 

Dieser politische Vorstoß mit dem Vorschlag der Aussetzung der Mehrwertsteuer ist natürlich ein Vorschlag, der die Profite des Lebensmittelhandels auf Dauer nicht beschneiden würde. Somit hat er eigentlich nur Vorteile für die Händler, weil er ihnen nicht wehtut, potentiell Profite sogar steiger und lediglich Steuereinnahmen für den Staat ausbleiben würden. 

Hofer senkt Preise

Kurz nachdem Lidl mit dieser Ankündigung an die Öffentlichkeit gegangen war, zog Hofer als zweiter Discounter nach. Auf der Homepage heißt es: „Eine Senkung der Steuer überlässt HOFER besser dem Staat, aber die Preise kann Österreichs beliebtester Diskonter dafür umso mehr reduzieren! Aus diesem Grund setzt HOFER jetzt ein weiteres Ausrufezeichen und reduziert bei 100 Artikeln die Preise.“ Hiermit reagiert der Discounter auf den Schachzug seines größten Konkurrenten und beide führen mit ihren Ansagen die untätige Politik vor.

Knabernossi gegen Nehammer und Co

Im Gespräch mit der Presse holt der Lebensmittelproduzent Vivatis noch einmal offensiver gegen ÖVP und Grüne aus, wie Die Presse berichtet. Gerald Hackl der Vorstandschef von Vivatis, dem größten Lebensmittelproduzenten Österreichs ist, mit einem Jahresumsatz von 1,2 Mrd. Euro, zu dem bekannte Marken wie Knabber-Nossi, Wojnar’s und Maresi gehören ist, wird deutlich, in dem er sagt, die Lebensmittelpreise stünden völlig ungerechtfertigt im Fokus der aktuellen Teuerungsdebatte. Er sagt gegenüber der Presse: „Der politische Populismus in Österreich ärgert mich maßlos und verschärft die ganze Preisthematik bei Lebensmitteln noch zusätzlich.“ Er geht noch weiter und bezeichnet „Lebensmittelgipfel“ als „völlig sinnbefreit“. Selbst habe Hackl die Einladung dazu aus Mangel an Konstruktivität seitens der Politik ausgeschlagen, heißt es weiter. Dann folgte noch ein Frontalangriff auf Nehammer, denn freilich müsse man sicherstellen, dass sich auch die 1,2 Mio. armutsgefährdeten Menschen in Österreich Lebensmittel leisten können, so Hackl. Weder ein McDonald’s‑Burger noch politisches Geldverteilen in Gießkannenmanier sei dafür eine Lösung. Er weist die Schuld der Preissteigerung oder auch dass bei gleichen Preisen Mengen in Verpackungen kleiner werden, von sich und betont, dass so weniger Lebensmittel verschwendet würden.

Regierung der Untätigen wird vorgeführt

Schuld sind also immer die anderen und nachdem die Politik auf Lebensmittelhandel und ‑produtkion gezeigt hat, zeigen diese nun mit dem Finger auf die Politik. Nachdem die Konzerne jetzt über Monate fette Profite gemacht haben, wird sich nun als Helfer in der Not inszeniert, dabei geht es vor allem um eine Vormachtstellung. Nicht, dass die geringeren Preise nicht erfreulich sind, aber sie sind wahrscheinlich nicht von Dauer. 

Dennoch ist es beachtlich, dass eine Regierung wie die Koalition von ÖVP und Grüne so untätig ist, dass sie von Konzernen überhaupt so vorgeführt werden kann. Beide handeln nach einem ähnlichen Prinzip und keine Ausrede verlegen und immer das Opfer der anderen. In Wahrheit zahlt aber weder der Handel noch die Politik die Zeche in diesem Hin und Her, sondern die Bevölkerung, die sich immer schwerer das Leben leisten kann.

Quelle: Statista/Der Standard/heute/Hofer/Spar/Die Presse

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