Ein generelles Handyverbot an Kärntens Volksschulen soll helfen, problematischem Medienkonsum entgegenzuwirken, doch Experten betonen, dass Verbote allein nicht ausreichen. Eltern sollten ein gutes Vorbild sein und gemeinsam mit Schulen klare Regeln aufstellen, um Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu vermitteln.
Klagenfurt. Seit vergangener Woche ist die Nutzung von Handys an Kärntens Volksschulen vollständig untersagt. Doch nicht nur Kinder, sondern auch einige Eltern zeigen bedenkliches Verhalten im Umgang mit ihren Smartphones. Suchtexpertinnen und ‑experten weisen darauf hin, dass Handysucht ein relativ neues Phänomen ist, das jedoch bereits spürbare negative Folgen für Kinder haben könnte – insbesondere durch mangelnde zwischenmenschliche Interaktion.
Handy als Ablenkung und Droge – auch bei Eltern
Immer wieder kann man beobachten, dass Eltern mit einem Kinderwagen unterwegs sind, dabei jedoch mehr auf ihr Handy als auf ihr Kind achten. Smartphones sind allgegenwärtig, und besonders junge Familien stehen oft unter großem Stress, erklärt Eva Maria Adlmann, Sachgebietsleiterin der Suchtpräventionsstelle des Landes. Sie betont, dass viele Eltern heutzutage beide berufstätig sein müssten, um finanziell über die Runden zu kommen. Der Alltag ist geprägt von Zeitdruck, etwa beim Bringen und Abholen der Kinder. Je größer die Belastung und je weniger Zeit für sich selbst bleibt, desto verlockender und naheliegender ist es, sich durch das Smartphone abzulenken – denn für einen Moment rücken die Sorgen des Alltags in den Hintergrund.
Adlmann betont, dass es wichtig sei, sinnvolle Alternativen für die Freizeitgestaltung zu schaffen. Allerdings erfordere dies sowohl Zeit als auch oft finanzielle Mittel. „Online-Medien sind so gestaltet, dass ich im Drei-Minuten-Takt einen halbwegs befriedigenden Reiz für mein Gehirn kriege. Ich bin abgelenkt, ich habe aktuell nicht die Probleme, die ich sonst habe, ich nehme sie nicht wahr und die Zeit vergeht. Das ist für ganz viele einfach eine gewisse Erlösung und eine schnell wirksame Droge,“ erklärt sie.
Spürbare gedankliche und emotionale Abwesenheit
Wer sein Smartphone oder Tablet nicht mehr aus der Hand legen kann und es sogar der Zeit mit dem eigenen Kind vorzieht, dient nicht nur als schlechtes Vorbild in Sachen Medienkonsum. Laut Adlmann kann eine ständige gedankliche und emotionale Abwesenheit der Eltern die Entwicklung des Kindes langfristig beeinträchtigen. Sie betonte, dass es eine deutliche Botschaft sende, wenn Eltern immer wieder zeigen, dass ihr digitales Leben wichtiger sei als ihr Kind. Dies könne dem Nachwuchs erheblich schaden. Während sich ein gesundes Selbstwertgefühl in den ersten Lebensjahren relativ leicht aufbauen lasse, sei es im Jugendalter mit zwölf, 13 oder 15 zwar noch möglich, aber wesentlich schwieriger.
Die Suchtexpertin hält das generelle Handyverbot an Volksschulen für eine sinnvolle Maßnahme. Allerdings betont sie, dass Verbote allein nicht ausreichen, um einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu erlernen. Kinder und Jugendliche suchten stets nach Grenzen, und klar definierte Regeln erleichterten es ihnen, sich daran zu orientieren. Sie erklärte zudem, dass eine einheitliche Regelung für alle Volksschulen vorteilhaft sei, da sie die Umsetzung sowohl gegenüber den Kindern als auch den Eltern erheblich erleichtere.
Die Expertin weist darauf hin, dass das Handyverbot in Volksschulen nur einen Teil der Lösung darstelle, da die Kinder nach Schulschluss nach Hause gingen. Daher sei es wichtig, dass Eltern und Schulen gemeinsam daran arbeiteten, den Kindern einen kompetenten Umgang mit digitalen Medien zu vermitteln. Zudem betonte sie, dass Regeln nicht nur für die Kinder, sondern für alle Familienmitglieder gelten sollten, um eine konsequente und faire Mediennutzung im Alltag zu fördern.
Quelle: ORF