Wien. Der kürzlich veröffentlichte Rechtsextremismusbericht des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) offenbart einmal mehr die engen Vernetzungen zwischen außerparlamentarischen, rechten Bewegungen und einer etablierten Parlamentspartei – der FPÖ. Mit knapp 200 Seiten Umfang und dem Titel „Rechtsextremismus in Österreich 2023 – Unter Berücksichtigung der Jahre 2020 bis 2022“ analysiert der Bericht fundiert die Aktivitäten der extremen Rechten.
Besonders brisant: Die FPÖ wird ganze 231-mal erwähnt. Das DÖW ordnet sie in das Konzept der „Mosaik-Rechten“ ein, die laut Bericht bereits seit den 2010er-Jahren den Aufstieg des Rechtsextremismus befördert. Diese Struktur setzt sich aus „Alternativmedien“, aktivistischen Gruppen und einem parteipolitischen Arm zusammen. Den Freiheitlichen wiederum wirft der Bericht vor, ihre einstigen Versuche, sich vom extrem rechten Rand zu distanzieren, quasi aufgegeben zu haben. Im Zuge der Corona-Pandemie und unter Herbert Kickls Parteiführung sei endgültig Schluss mit jeder „Distanziererei“ gewesen.
Besonders die Identitären sind immer wieder im Fokus der Studie. Sie profitieren von einer Partei, die offen ihre Forderungen ins Parlament trägt. Gleichzeitig hat die FPÖ eine Bewegung an der Hand, welche auf der Straße und in den sozialen Medien Stimmung gegen Migrantinnen und Migranten sowie gegen politische Gegner macht. Der Bericht stellt fest, dass seit 2019 die rhetorische und inhaltliche Agenda der FPÖ zunehmend mit dem Weltbild der IBÖ (Identitäre Bewegung Österreich) verschmelze.
Das DÖW geht in seinem Bericht auch ausführlich auf die historische Genese der FPÖ ein. Schon 1954/1955 wurde sie als explizit rechtsextreme Partei gegründet. Führende Posten besetzten damals ehemalige NSDAP-Mitglieder wie Anton Reinthaller oder Klaus Mahnert.
Immer wieder betont das DÖW die Verflechtung zwischen FPÖ und korporierten Vereinen, insbesondere den deutschnationalen Burschenschaften und den Österreichischen Landsmannschaften (ÖLM). Obwohl Korporierte im österreichischen Gesamtbild eine winzige Minderheit darstellen, beeinflussen sie über den FPÖ-Parlamentsklub maßgeblich die Politik. Laut Bericht sitzen im aktuellen Nationalratsklub der Freiheitlichen mindestens 17 deutschnationale Korporierte. Damit prägen reaktionäre und zum Teil offen rassistische Vorstellungen der „deutschen Volksgemeinschaft“ selbst den politischen Mainstream.
Der Bericht legt zudem ein besonderes Augenmerk auf die Unterstützung rechtsextremer Publizistik durch die FPÖ. Genannt wird unter anderem FPÖ TV, das parteieigene Medium. Hinzu kommen „unabhängige“ Kanäle, die bei genauerer Betrachtung keineswegs unabhängig sind. Christian Hafenecker, FPÖ-Abgeordneter und einst Verkehrsminister-Staatssekretär, brüstete sich 2020 in Berlin vor der AfD-Fraktion damit, in regelmäßiger Abstimmung mit einschlägigen Plattformen wie unzensuriert, Info-direkt oder dem Freilich-Magazin zu stehen. Eine medienpolitische Strategie, die sich offenbar unter Kickl weiter festigte.
Quelle: Der Standard