Wien. Karl-Heinz Grasser, ehemals Finanzminister und stets Opfer einer „abscheulichen Neidgesellschaft“, wandert nun tatsächlich hinter Gitter. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sein erstinstanzliches Urteil in der BUWOG-Causa bestätigt. Immerhin wurde die Haft von acht auf vier Jahre reduziert – ein Trost, der Grasser offensichtlich nicht ausreicht, spricht er weiter von einem „Fehlurteil“ und will noch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
Zur Erinnerung: Der ehemalige FPÖ-Politiker und spätere ÖVP-Nahe, der laut OGH an der BUWOG-Privatisierung tüchtig mitverdiente, war 2020 zu acht Jahren verurteilt worden, was seine Anwälte seitdem wortreich als Justizskandal attackierten. Von der Befangenheit der Erstrichterin Marion Hohenecker bis hin zu angeblich verpfuschten Protokollen reichten die Einwendungen – doch der OGH sah keine gravierenden Verfahrensmängel. Man habe also offiziell kein unfaires Verfahren entdeckt. Bloß die Haftstrafe wirkte im Lichte der „exorbitanten Verfahrensdauer“ etwas hoch und wurde daher halbiert. Für Grasser heißt das vier Jahre Haft – nur halb so lange, aber immer noch lang genug. So hoch, dass er sich weiter beschwert, das Verfahren sei für ihn „zur Höchststrafe“ geworden.
Er, der einst in einem TV-Beitrag einen wahren Lobgesang eines angeblichen Fans vorlas: „Sehr geehrter Herr Minister, Sie sind für diese abscheuliche Neidgesellschaft zu jung als Finanzminister gewesen, zu intelligent, zu gut ausgebildet, aus zu gutem, wohlhabendem Haus, zu schön und dazu noch mit einer reichen Frau verheiratet. So viel Glück darf ein einzelner Mensch einfach nicht haben.“ Ist es nicht tragisch, wie die Welt jetzt doch weniger bewundernd, sondern vielmehr schadenfroh auf diesen einstigen Polit-Promi blickt? Grasser hatte, so suggeriert er, den Intellekt der breiten Masse weit voraus. Ob seine bezahlten Lobbyisten, lukrativen Provisionen und das halbe Millionenpublikum, das seine mondäne Hochzeit beäugte, wohl ebenfalls in diese Liste des „zu viel Glücks“ gehörten?
Fakt ist jedenfalls: Nach über 20 Jahren, in denen die Causa BUWOG die Öffentlichkeit, die Medien und eben auch die Gerichte beschäftigte, setzt es nun einen (vorläufigen) Schlussstrich. Daran ändert auch die halbe Strafe nichts – es ist das Ende eines gefeierten politischen Senkrechtstarters, der lange Zeit das Bild vom jungdynamischen, strahlenden Politiker verkörperte. Nun beginnt der weniger glamouröse Teil von Grassers Karriere: Er wird lernen müssen, dass Hochmut im Business-Anzug die Gefängnistür nicht dauerhaft fernhalten kann.
Vier Jahre Gefängnis also – davon kann man halten, was man will, doch es wirkt angesichts zweistelliger Millionenprovisionen irgendwie genugtuend, wohlwissend, dass das System Grasser nur Symptom des kapitalistischen Profitsystems ist und nicht Ursache. Spätestens jetzt ist die Frage, die Christoph & Lollo im Jahr 2009 im „Karlheinz-Song“ so süffisant stellten – „Wann geht der Karlheinz endlich in hefn?“ – beantwortet. Offenbar musste die Justiz erst ein knappes Vierteljahrhundert Immobiliendeals durchforsten, Briefkastenkonstruktionen analysieren und unzählige Verteidigungsreden anhören, bevor es so weit war. Nun ist zumindest ein Teil der Antworten gegeben: Grasser muss hinters Gitter, Walter Meischberger kriegt 3,5 Jahre, Peter Hochegger drei Jahre, Karl Petrikovics ein Jahr. Die Akten kehren nun ans Wiener Landesgericht zurück, wo man den formal korrekten Abschluss regeln wird. Dann hat Grasser einen Monat Zeit, sich auf seine Zeit hinter Gitter vorzubereiten. „Der karlheinz wann muas der endlich ins loch?“ – Nun, wir haben’s schwarz auf weiß: Zeitnah.
Quelle: ORF