Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Missachtung der staatlichen Institutionen und Selbstherrlichkeit. Das alles spricht aus den neu aufgetauchten Chats der „Herren“ der türkisen Justiz-„Familie“.

Wien. Sie fühlen sich als Herren der Republik. Der eine, suspendierter Sektionschef im Justizministerium, der andere ehemaliger Justizminister und derzeit Mitglied des Verfassungsgerichtshofs. „Uns fehlt ein Trump“, schreibt Sektionschef Pilnacek, ein Kurz ist ihm offenbar noch zu wenig. Über eine Verfassungsrichterin mit dunkler Hautfarbe schreibt er, sie könnte man nach Kuba schicken, quasi den Müllfahrzeugen, die die Stadt Wien der Stadt Havanna schenkte, hinterher. Eine andere Verfassungsrichterin möchte er gleich als „Müllfrau“ dorthin beordern. Verfassungsrichter Wolfgang Brandstätter, Empfänger dieser und noch anderer seltsamer Chatnachrichten des Sektionschefs, zeigt sich amüsiert. 

Einig sind sich die Herren in der Bekämpfung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. „Die schießen die Republik zusammen“, befindet Pilnacek, nachdem diese gegen immer mehr ÖVP-Granden ermittelt. Auch während der Zeit der Expertenregierung gingen die Versuche, der WKStA das Handwerk zu legen, weiter. Pilnacek versuchte, über die engste Mitarbeiterin von Justizminister Clemens Jabloner an sämtliche Mailaccounts der Staatsanwälte zu kommen. „Ja, die OStA kümmert sich darum!“, abtwortete diese. Die Oberstaatsanwaltschaft, das war in diesem Fall der direkte Vorgesetzte der WKStA, Johann Fuchs. Er ist ein enger Vetrauter Pilnaceks und ebenfalls häufiger Adressat seiner Chats. Pilnacek und Fuchs bildeten eine schwarze Achse in Österreichs Justiz, eine, die darauf schaut, dass die Dinge im Sinne “der Familie” laufen.

Aber Fuchs agierte weniger geschickt. Er soll, so die Staatsanwaltschaft Innsbruck, Pilnacek vertrauliche Verschlussakten aus dem Casinos-Verfahren geschickt haben – über die Nachrichten-App Signal. Er hat sie abfotografiert, dabei aber auch seine Tischplatte mit aufgenommen. Entsprechende Dateien wurden auf Pilnaceks Handy gefunden. Ein Verstoß gegen die Verschlussaktenverordnung, so der Verdacht.

„Ich halte es für höchst bedenklich, wie man derzeit mit den rechtsstaatlichen Institutionen umgeht“, so die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka zu den Ereignissen der letzten Monate, etwa der erzwungenen Aktenlieferung des Finanzministeriums an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Die aktuellen Beispiele würden von „wenig bis mangelnden Respekt“ zeugen, sagte sie in der ORF-ZIB2 vom Mittwochabend.

Sie beklagte auch die jüngsten „unsachlichen“ und „pauschalen“ Angriffe auf die Justiz seitens der ÖVP, die teils über Medien transportiert würden, und ortete einen „politischen Kampf auf dem Rücken der Justiz“. Damit nahm sie vor allem Bezug auf die fast schon täglich vorgetragenen agressiven und falschen Anschuldigungen des ÖVP-Abgeordneten Andreas Hanger gegen die WKStA und neuerdings sogar gegen einzelne, namentlich genannte Staatsanwälte.

Justizministerin Alma Zadic, bisher eher feige und zögerlich, was Konsequenzen gegen die „Herren“ der „Familie“ in der Justiz betrifft, gerät zunehmend unter Druck. Die Glaubwürdigkeit der Grünen als Partei, die gegen Korruption und mafiöse Strukturen im Staatsapparat kämpft, ist ohnehin schon schwer ramponiert.

Quellen: orf​.at/falter​.at