HomePolitikLösungsansätze für die Pflegekrise?

Lösungsansätze für die Pflegekrise?

Die EU-Sozialministerinnen und ‑minister diskutieren in Madrid Maßnahmen im Pflegebereich, die gegen die Miss- und Notstände Abhilfe schaffen sollen. Der österreichische Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) drängt auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen bei der Anwerbung von qualifiziertem Pflegepersonal aus Drittstaaten. Dies löst aber das eigentliche Problem in den Gesundheitssystemen nicht.

Wien/Madrid. Anfang Juli hat Spanien den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen. Der Vorsitz lädt zu einem informellen Treffen der EU-Sozialministerinnen und ‑minister am Donnerstag und Freitag in Madrid. Im Fokus des Treffens stehen unter anderem die Herausforderungen im Pflegebereich. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Ökonomisierung des Gesundheitssystems, was mit schlechten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen einhergeht, sehen sich alle Mitgliedstaaten in den kommenden Jahren mit einem Mangel an Pflegepersonal konfrontiert. Wie es in einer Aussendung des österreichischen Sozialministeriums heißt, ginge jedes Land unterschiedlich dagegen vor. Handlungsempfehlungen wurden dazu seitens der Europäischen Kommission vergangenes Jahr vorgelegt.

Johannes Rauch betont in einer Aussendung zum Thema Pflegebedarf anlässlich des Treffens: “Das Problem betrifft alle EU-Staaten gleichermaßen. Ohne eine abgestimmte Vorgehensweise stehen wir in direkter Konkurrenz zueinander. Wir brauchen eine europäische Strategie für die qualifizierte Anwerbung von Mitarbeiter:innen in der Pflege.”

Inoffizielle EU-Strategie in der Pflege? – Profite auf Kosten der Arbeitskräfte und der Gesundheit 

In Wirklichkeit gibt es aber bereits eine inoffizielle, einheitliche Strategie. Hierbei handelt es sich um Not- und Überbrückungslösungen, die verhindern, dass das Dach ständig brennt. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell dieses Kartenhaus jedoch zusammenfällt. 

Der Gesundheitsbereich wurde auf EU-Ebene über transnationale Abkommen und Deregulierungsmaßnahmen auf nationaler sowie transnationaler Ebene immer weiter geöffnet. Diese dominante Tendenz der Ökonomisierung wird davon begleitet, dass vermehrt auf migrantische Arbeitskraft zurückgegriffen wird, um den Bedarf zu decken. 

Bereits seit längerem wird das Gesundheitswesen offensichtlich nach den Maßgaben des Kapitalismus als vermeintlich wirtschaftlich organisiert. Es kam und kommt zu Marktöffnungen, wodurch einerseits eine Privatisierung des Gesundheitssektors zugunsten von Profiten ermöglicht wird. Andererseits wurde über sozialpolitische Reformen, auch im Bereich der öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen, Maßnahmen nach betriebswirtschaftlicher Logiken zur vermeintlichen Effizienzsteigerung ergriffen. Beides führt zu einer Verschlechterung der Beschäftigungsbedingungen sowie zunehmenden Engpässen in der Versorgung sowie Qualitätseinbußen. 

Der Umsatz im Krankenhäuser-Markt wird in Österreich im Jahr 2023 etwa 20,25 Milliarden Euro betragen. 2022 wurde ein Umsatzplus in diesem Bereich von etwa 16,5 Prozent erzielt. Es handelt sich bei der Krankenhausbranche um eine vielversprechende Wachstumsbranche, die Prognosen zeigen für die kommenden Jahre weiter nach oben. Von der Langzeitpflege ganz zu schweigen. Die 24-Stunden-Betreuung – in der alleine 60.000 Migrantinnen arbeiten – ist für Vermittlungsagenturen eine Cash-Cow. Aber auch die Altenpflege allgemein wurde international als Milliardengeschäft identifiziert.

Normalbetrieb als Gefährdung

So zu tun, als wäre die Herausforderung für das Gesundheitssystem der demografische Wandel, den man durch eine Anwerbung von Pflegekräften aus Drittstaaten bearbeiten könne, ist vollkommen irreführend. Das Problem des Gesundheitssystems ist der Kapitalismus. In diesem System orientiert sich eben auch das Gesundheitssystem nicht an den Bedürfnissen von Menschen, sondern an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und Kostenminderung. Die aktuellen auch in Österreich weiter zunehmenden Proteste sowie Gefährdungsanzeigen machen deutlich, dass dieses System krank ist. Der Normalbetrieb in Krankenhäusern unter diesen Verhältnissen ist eine Gefährdung, wie von den Beschäftigten thematisiert wird.

Das Anwerben von Arbeitskräften aus Drittstaaten wird die Probleme des Gesundheitssystems nicht lösen, sondern maximal temporär verschleiern – indem man sich Ungleichheiten zwischen Staaten zunutze macht, um möglichst niedrige Arbeitsstandards aufrechtzuerhalten und Profite zu sichern. Die migrantischen Arbeitskräfte sollen kommen, um billig den Bedarf zu decken. Neben dem Problem der massiven Ausbeutung stellt sich hier außerdem die Situation so dar, dass die abgeworbenen qualifizierten Arbeitskräfte in ihrem Heimatland zu neuen Versorgungsengpässen führen. Das soll nicht zu dem Schluss führen, dass Migrantinnen oder Migranten der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert werden soll. Nein, die Schlussfolgerung sollte die sein, dass ein Gesundheits- und Pflegesystem nicht am Profit orientiert funktionieren kann, sondern an den Bedürfnissen der Menschen und deren Gesundheit orientiert aufgebaut sein sollte. 

Partei der Arbeit fordert: Gesundheit statt Profit!

Die Partei der Arbeit Österreichs (PdA) bringt dies in ihrer Forderung „Gesundheit statt Profite!“ auf den Punkt. Gesundheitsschutz wird hierbei als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und soll auch so gestaltet werden. Hierfür fordert die PdA Gesundheitsversorgung für alle, die gut erreichbar und kostenlos sein muss. In diesem Zusammenhang wird der Ausbau von öffentlichen Polikliniken/Ambulatorien, die interdisziplinär kooperieren und auch psychosoziale Beratung gewährleisten (vorbeugende, kurative und rehabilitative sowie soziale Maßnahmen) ebenso als essenziell betrachtet wie eine Gesundheitsaufklärung im Sinne des Volkes. Die Partei fordert außerdem die Überführung sämtlicher medizinischer Einrichtungen wie Praxen und Krankenhäuser in öffentliches Eigentum, sowie ein generelles Verbot von Privatleistungen, um eine sozial nachhaltige Gesundheitsversorgung zu sichern. In diesem Kontext wird zudem die Anstellung von Ärzten als Angestellte und das Verbot von Selbstständigkeit thematisiert, was der Gesundheitsversorgung auch den unternehmerischen Charakter nehmen würde und durch richtige Organisation auch die Stärkung der Primärversorgung auch im ländlichen Bereich zur Folge hätte. Essenziell für eine Verbesserung der Lage in den Krankenhäusern wird aber auch die Abschaffung der DRG-Fallpauschalen eingeschätzt, sowie eine Lohnerhöhung und ein Personalausbau in der Pflege. 

Die Lösungen von Rauch stellen hingegen weniger als ein Heftpflaster auf einem offenem Bruch dar und schaffen keine Abhilfe.

Quelle: APA/Statista/Zeitung der Arbeit/Partei der Arbeit

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