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Rudi gibt den Steigbügel ab

Rudolf Anschober hat heute sein Amt als Gesundheitsminister niedergelegt. Anschober gibt in erster Linie gesundheitliche Gründe an, die ihn daran hindern weiterhin mit hundert Prozent seiner Arbeit nachzugehen.
Die Würdigungen aus den liberalen bürgerlichen Kreisen häufen sich seit der Bekanntgabe der Amtsniederlegung und sind sich in ihrem Tenor einig: Die falsche Person in dieser Regierung tritt zurück und Anschober wäre hoch anzurechnen, dass er sich so lange der türkisen Taktiererei gestellt habe und versucht habe trotzdem positiv zu wirken.

Resümiert werden kann aber nur, dass es wohl bei Versuchen geblieben ist, wenn es darum ging, die Pandemie und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung in Österreich in Schach zu halten. Die bisherige Entwicklung der Krise kann nur als katastrophal beschrieben werden und die Gesundheitspolitik der vergangenen Monate war und ist schlicht und einfach fahrlässig. Sowohl bei der zweiten Welle im Herbst als auch nun in der dritten Welle predigte Anschober wie eine Gebetsmühle die gleiche Leier von persönlicher Verantwortung und das, obwohl die Zahlen bundesweit explodierten, sich die Intensivstationen füllten und immer mehr Menschen einen qualvollen Erstickungstod fanden. Erst viel zu spät wurden die sogenannten Notbremsen gezogen und selbst dann nie konsequent genug. Viele haben nämlich die Wahl nie bekommen sich und andere zu schützen und gingen täglich ihrer nicht immer systemrelevanten Arbeit in Krankenhäusern, Supermärkten, Altersheimen, Fabriken usw. nach. Finanziell entschädigt für ihre Mehrarbeit und dem Risiko, dem sie sich tagtäglich aussetzen, wurden sie nie, das Fensterklatschen musste reichen. Genauso wie der Rest der Bundesregierungen hat auch Anschober für jedes einzelne Opfer dieser fahrlässigen Politik Verantwortung zu tragen. Besonders zynisch wirkt seine Abgangsrede, wenn er davon redet, wie wichtig es ist, körperliche und psychische Belastungen zu endstigmatisieren und sich zum eigenen Wohl zu schonen; denn für tausende Menschen besteht die Wahl nicht zwischen Arbeit und Erholung, sondern sie haben lediglich die Wahl zwischen Arbeit oder ökonomischen Ruin durch Arbeitslosigkeit ohne Perspektive.

Im Endeffekt ist es irrelevant, was Anschobers persönlicher Wille gewesen wäre, denn die Realität spricht Bände und zeigt, wie auch in dieser Krise die Last auf die Arbeiterklasse abgewälzt wurde und das Kapital reich beschenkt wurde. Auch einen zuverlässigen Schutz der eigenen Gesundheit hatten und haben sich die meisten Menschen in Österreich nicht zu erwarten, sei es in der Schule, bei der Arbeit oder in überfüllten Öffis auf dem Weg dorthin. Anschober erwies sich in seiner Rolle als gutmütiger Gesundheitsminister mit pseudo-empathischen „Team Österreich“-Reden als nichts weiter als ein Mitträger der menschen- und gesundheitsfeindlichen Politik der Bundesregierung und ihrer Akteure. Die herbei fantasierten Erfolge Anschobers Gesundheitspolitik sucht man erfolglos.

So zeigt sich erneut, dass auch die vermeintlich besten und menschenfreundlichsten persönlichen Ansätze, wie Anschober sie sich vielleicht gewünscht hätte, im bürgerlich-kapitalistischen System zwangsläufig an den Interessen des Kapitals und dem Profit- und Wachstumszwang zerbrechen müssen. Wir sollten uns nicht mit Anschobers Nachfolge beschäftigen, sondern vielmehr dafür kämpfen dem kapitalistischen System den Sozialismus folgen zu lassen, in welchem Gesundheitspolitik nicht an Kapital- und Profitinteressen scheitern muss.

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