HomePolitikSPÖ-Postenkarussell macht es allen recht

SPÖ-Postenkarussell macht es allen recht

Das Team von Andreas Babler in der SPÖ-Bundesgeschäftsstelle und im Parlamentsklub ist nun bekannt: Es gibt gewisse Überraschungen, aber unterm Strich können die alten Strukturen und Machtzentren zufrieden sein.

Wien. Der neue SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler hat am Dienstag sein erstes „Personalpaket“ vorgestellt sowie von den Partei- und Klubgremien absegnen lassen. Auffällig ist zunächst, dass Babler selbst Obmann des Parlamentsklubs sein wird, obwohl er nur im weniger relevanten Bundesrat sitzt.

Im bedeutenderen Nationalrat wird Philip Kucher als geschäftsführender Klubobmann amtieren. Der 41-jährige Klagenfurter begann sein politisches Engagement in der SPÖ-Studierendenorganisation VSStÖ, danach hat er nur für die Partei gearbeitet, nämlich als Landesleiter des Renner-Instituts Kärnten. 2009–2015 war er Gemeinderat in der Landeshauptstadt, seit 2013 sitzt er im Nationalrat. Nebenher ist er SPÖ-Parteivorsitzender im Bezirk Klagenfurt. Im Zuge der Mitgliederbefragung und des Stichwahlparteitages deklarierte sich Kucher als Unterstützer von Hans Peter Doskozil.

Ihm zur Seite stehen drei stellvertretende Klubobleute. Dies sind einerseits die frühere Bundesvorsitzende der Sozialistischen Jugend (SJ) und engagierte Babler-Unterstützerin Julia Herr (30) aus dem Burgenland, die seit 2019 dem Nationalrat angehört, sowie Eva-Maria Holzleitner (30) aus Oberösterreich, die ursprünglich aus der JG (Junge Generation in der SPÖ) stammt, seit 2017 Abgeordnete zum NR und seit 2021 SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende ist – sie war im Zuge der Mitgliederbefragung eine Unterstützerin von Pamela Rendi-Wagner, beim Parteitag wechselte sie zu Babler. Dritter im Bunde ist Kai Jan Krainer (54), einstmals Landessekretär der SJ Wien, seit 2002 Mitglied des Nationalrats und bekannt für seine Tätigkeit im Korruptions-U-Ausschuss – er galt als Rendi-Wagner-Unterstützer mit Sympathien für Babler.

In der Bundesgeschäftsstelle wartete Babler mit Überraschungen und einer Doppelspitze auf. Diese besteht einerseits aus Sandra Breiteneder aus Wien, die Babler seit der SJ-Zeit kennt. Sie war bereits im Kabinett der früheren SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzda tätig, die übrigens das NR-Mandat von Rendi-Wagner übernehmen könnte. Breiteneder ist in der Gewerkschaft GPA verankert, wo sie als Bundesfrauensekretärin amtiert. Zweiter Bundesgeschäftsführer wird der St. Pöltner Klaus Seltenheim (39), ehemals SJ-Bundessekretär, zuletzt erfolgloser SPÖ-Landesgeschäftsführer in Niederösterreich, wo er für die Wahlschlappe der Schnabl-Kandidatur mitverantwortlich zeichnete – man kann ihn dem Doskozil-Lager zurechnen.

Die „breite Aufstellung“, die Babler angekündigt hatte, ist in gewisser Weise gelungen: Alle vormaligen Lager sind vertreten, von den sechs vergebenen Posten kann man zwei Personen eine Nähe zu Doskozil, drei eine ebensolche zu Rendi-Wagner zuschreiben, wobei letztgenannte bei der Stichwahl wohl zu Babler tendierten. Wie zu erwarten sind die Bundesfrauenorganisation und die Gewerkschaft mit Posten bedacht worden, auch Michael Ludwigs SPÖ Wien kann hochzufrieden sein. Die SPÖ NÖ ist es jedenfalls explizit: Hergovich betrachtet Seltenheim offenbar als „seinen Mann“ im Team Babler.

Man könnte nun freilich auch sagen: Babler hat es allen recht gemacht, Freunden wie Gegnern – das zeigt auch die Einstimmigkeit beim Vorstandsbeschluss. Ob mit diesem Personal die vermeintliche „Aufbruchstimmung“ und „Einheit“ in der SPÖ zu erhalten sein werden, wird sich zeigen. Zunächst muss man attestieren, dass sich die alten Strukturen und Funktionärsriegen durchgesetzt haben, was die angekündigte Erneuerung doch ein wenig in Frage stellt – diesbezüglich wird viel von Babler selbst abhängen, nebenher auch von Julia Herr, obwohl sie „nur“ stellvertretende Klubobfrau ist. Lediglich Breitenender kommt tatsächlich aus dem „Nichts“, d.h. aus dem Teil der SPÖ, der irgendwie als Basis durchgehen könnte, wenngleich sie natürlich dem GPA-Apparat angehört.

Es wird sich zeigen, wie Babler und sein Team arbeiten werden. Es wird dem Traiskirchner Bürgermeister nun nicht mehr so leicht möglich sein, seine inszenierte „Basis“-Bewegung gegen das „Parteiestablishment“ auszuspielen. Von Bedeutung wird auch sein, wie das Parteipräsidium und der Bundesparteivorstand nach dem vorgezogenen Parteitag im kommenden Herbst aussehen werden. Es ist gut möglich, dass Babler als Tiger zum Sprung ansetzt, um schließlich als Bettvorleger zu landen.

Quelle: ORF

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