HomePolitikVernichtender Zwischenbericht der Untersuchungskommission zum Terroranschlag von Wien

Vernichtender Zwischenbericht der Untersuchungskommission zum Terroranschlag von Wien

Wien. Die vom Innenministerium eingesetzte Untersuchungskommission hat gestern (23.12.) ihren ersten Zwischenbericht vorgelegt. Sie hat die Entwicklung des Terroristen KF, der am 2. November in der Wiener Innenstadt mehrere Menschen tötete und zahlreiche Menschen verletzte, einige Jahre zurückverfolgt. 

Besonders deutlich wird die Kritik der Kommission an den Behörden in Zusammenhang mit der „Gefährder“-Einschätzung des späteren Attentäters in den Monaten vor dem Terroranschlag. Hinweise des Heeres-Inlandsgeheimdienstes HNA wurden zum Teil nicht ernst genommen, aus der Überwachung eines Treffens von IS-Sympathisanten in Wien, an dem K.F. teilnahm und auch als Gastgeber fungierte, wurden keine Schlüsse gezogen und eine Weitergabe von Informationen seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) an das zuständige Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT Wien) erfolgte lückenhaft und teilweise mit großer zeitlicher Verzögerung. So landete die Information der slowakischen Behörden, dass K.F. einen Tag nach dem Islamistentreffen am 21. Juli versucht hatte, in einem Waffengeschäft in Bratislava Munition für ein Sturmgewehr der Marke Kalaschnikow AK 47 zu kaufen, erst mit einem Monat Verzögerung bei den zuständigen Ermittlern im LVT Wien. Diese wollten wiederum, dass der slowakische Waffenhändler auf Fotos K.F. und einen zweiten IS-Sympathisanten identifiziert. Bis die slowakischen Behörden bestätigten, dass der Waffenhändler K.F. identifizierte, dauerte es bis zum 16. Oktober. Trotzdem geschieht praktisch nichts. Der zuständige Mitarbeiter des LVT Wien hatte schon bei Vorlage der Bilder aus der Slowakei festgestellt, dass es bei K.F. eine „bedenkliche Verdichtung von Hinweisen“ gibt und eine Überwachung angeregt. Diese Anregung wurde weder vom BVT noch vom LVT aufgegriffen.

Keine Meldung an Staatsanwaltschaft

Am 7.10. wurde K.F. schließlich auf die unterste Stufe der Einschätzung „hohes Risiko“ gehoben, allerdings ohne Konsequenzen. Eine „Gefährderansprache“ wurde aufgrund der aufwändigen Vorbereitung und Durchführung der „Operation Ramses“ auf nach dem 3. November verschoben. „Unklar bleibt auch“, schreibt die Kommission in ihrem Bericht, warum keiner der vielen Hinweise und Sachverhalte an die Staatsanwaltschaft gemeldet wurde. Die ganzen Hinweise zusammengenommen – etwa die versuchte Syrienreise, die schließlich zur Inhaftierung und vorzeitige Entlassung in Österreich führten, die Teilnahme an Treffen von IS-Sympathisanten und der versuchte Munitionskauf – hätten sicher zu einer Rücknahme der vorzeitigen Entlassung geführt und K.F. wäre am 2. November im Gefängnis gesessen, anstatt in der Wiener Innenstadt auf Menschen zu schießen. Für ein solches Behördenversagen ist niemand geringerer als der für diese Behörden zuständige Innenminister Karl Nehammer verantwortlich zu machen. Eine angemessene Reaktion des Ministers wäre sein Rücktritt. Nicht in Österreich – hier wird er belobigt. 

Ausdrücklich gelobt wird im Bericht die Arbeit der Exekutive in der Terrornacht selbst. Die Einsatzkräfte hätten am 2. November schnell, gezielt und aufeinander abgestimmt reagiert, wird im Bericht festgestellt.

Quelle: bmi​.gv​.at (Zwischenbericht mit geschwärzten Passagen als PDF)

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