Am 27. April steht die Partei der Arbeit Österreichs (PdA) bei der Bezirksvertretungswahl in Rudolfsheim-Fünfhaus als “Partei der Arbeit – Wiener Proletariat” zur Wahl. Max Faccin ist der Spitzenkandidat der Partei der Arbeit Österreichs bei der Bezirksratswahl. Was den Lehrer, der aus Vorarlberg kommt, zur Kandidatur bewegt hat und warum er für die PdA antritt, hat er Marie Jaeger für die Zeitung der Arbeit erklärt.
Danke, dass du dir die Zeit für ein Gespräch mit uns nimmst! Ich steige direkt mit einer Frage ein, die sich unsere Leserinnen und Leser sicher stellen: Was hat dich dazu bewegt, für die Bezirksvertretung zu kandidieren?
Politisch treibt mich der Wunsch an, in einer Welt zu leben, in der nicht mehr die Banken und Konzerne bestimmen, welche Politik gemacht wird. Das kann aber eine Partei nicht einfach so erreichen, indem sie in Regierungsverantwortung gerät. Die arbeitende Bevölkerung muss sich dafür von unten organisieren und eine Gegenmacht aufbauen. Somit ist es für mich vor allem wichtig am eigenen Arbeitsplatz politisch aktiv zu sein, aber auch dort wo ich wohne – und das ist der 15. Bezirk. Die politische Arbeit in den Bezirksvertretungen wird zwar oft belächelt, weil diese keine Gesetze beschließen können. Diese Ebene der Politik ist aber wichtig, um aufzuzeigen, dass hier die großen Missstände ausgebadet werden. Wenn beispielsweise um Milliarden Euro neue Panzer gekauft werden, muss die öffentliche Hand die Kosten mit Zinsen zurückbezahlen und es wird schleichend auch weniger Geld für die öffentliche Infrastruktur übrigbleiben. Diese Zusammenhänge möchte ich auf Bezirksebene offenlegen und in der Bezirksvertretung kompromisslos für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung sprechen.
Was sind die drängendsten sozialen Probleme in Wien? Was sind die Forderungen, die du hier aufstellst?
Ein Problem, das nun schon seit ein paar Jahren durchwegs alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen betrifft, ist die hohe Teuerung. Die Preise steigen immer mehr, während unsere Löhne stagnieren. Die Gewerkschaften haben es in den letzten Jahren nicht geschafft, bei den Kollektivvertragsverhandlungen Abschlüsse zu erzielen, die die Inflation ausgeglichen hätten. Das Halten eines bestimmten Lebensstandards wird also immer weniger leistbar. Das betrifft den 15. Bezirk besonders, denn er ist der Bezirk mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen und mit einer der höchsten Arbeitslosenquoten Wiens. Die wichtigsten Forderungen sind also höhere Löhne und Pensionen, mit denen man sich einen angemessenen Lebensstandard leisten kann. Kostenloser Zugang zu medizinischer Versorgung, leistbares Wohnen und soziale Absicherung müssen für jeden in Österreich lebenden Menschen gegeben sein! Dass das momentan nicht für alle der Fall ist, ist eine direkt Folge von Politik im Interesse der Reichen. Das Geld um diese Missstände zu beseitigen kann und muss darum auch von den Reichen geholt werden. Wir scheuen uns nicht, gezielte Enteignungen zu fordern und streben eine radikale Umverteilung von den Reichen zur arbeitenden Bevölkerung an.
Wie stehst du zur aktuellen Wohnungspolitik der Stadt Wien? Was müsste anders laufen?
Wir sehen es nicht ein, dass unzählige Menschen jeden Monat ein Drittel oder gar die Hälfte ihres hart erarbeiteten Gelds an große Immobilieneigentümer abdrücken müssen. Und diese Situation haben wir auch in Wien, auch wenn der hiesige Gemeindebau oft in den Himmel gelobt wird. Es scheint mir mehr als nötig, dass die Gemeinde Wien wieder verstärkt Gemeindewohnungen bauen müsste, und zwar in einem viel größeren Maß wie das nun wieder getan wird. Für diese müsste allerdings auch der Zugang niederschwelliger gestaltet werden. Es kann nicht sein, dass es in Österreich nach wie vor Obdachlosigkeit gibt, wenn diese durch zur Verfügungstellung von Wohnraum abgeschafft werden könnte. Es gibt einige weitere Missstände in Wien, deren Behebung bereits innerhalb des kapitalistischen Systems die Wohnungsnot lindern würde. Die vielen Abrisse von Altbauten, weil sie nicht mehr profitabel sind, sind ein Skandal. Wenn man hier Leerstände bekämpfen und Geld in Renovierungen investieren würde, könnte man schnell und günstig lebenswerten Wohnraum schaffen. Dass auch ein genereller Mietpreisstopp oder ein Mietendeckel, der nicht nur für ausgewählte Altbauwohnungen gilt, nicht auf den Weg gebracht wird ist unglaublich.
Welche persönlichen Erfahrungen haben dein politisches Engagement geprägt?
Die erste wirkliche Politisierung erlebte ich, als ich Studierendenvertreter für das Lehramt Geschichte an der Universität Innsbruck war. Dort war es eine kommunistische Studierendenorganisation, die die Uni nicht als isolierten Ort begriff, sondern diese als Teil der kapitalistischen Produktionsweise analysierte und dementsprechend auch umfassendere Forderungen stellte, als nur Studierendenberatung. Diese Positionen überzeugten mich, sodass ich dann auch für den Kommunistischen Studentenverband bei den ÖH-Wahlen angetreten bin. Während der Corona-Krise und einem damit verbundenen Gefühl der politischen Ohnmacht fand ich den Weg zur Jugendfront und in die Partei der Arbeit, die es mir ermöglichten, mich sinnvoll zu organisieren. Einen weiteren politischen Schlüsselmoment erlebte ich letztes Jahr im Rahmen der Gehaltsverhandlungen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Es wurde ein Gehaltsabschluss unter der Inflation gemacht und alle anderen Forderungen, die die Ausstattung und Arbeitsbelastungen der Angestellten betrafen, wurden nicht einmal thematisiert. Die Unzufriedenheit die ich dort und in meiner Arbeit als Gewerkschafter gesehen habe, hat mich weiter darin bestärkt, dass es gesamtgesellschaftliche Missstände gibt, die nur durch eine starke kommunistische Partei in Angriff genommen werden können.
Welche Unterschiede siehst du zwischen eurer Politik und jener der KPÖ, die ja aktuell Aufwind erfahren?
Die Partei der Arbeit Österreichs ist eine kommunistische Partei, die den revolutionären Anspruch nicht aufgegeben hat und nach wie vor die Etablierung eines Wirtschaftssystems, das den Bedürfnissen der arbeitenden Bevölkerung entspricht, als zentrale Frage ansieht. Während die KPÖ zwar beispielsweise von Wohnungsnot und Teuerung redet, wagt sie es nicht die Schuldigen an dieser Misere zu benennen. Wir sprechen das allerdings aus. Es sind die großen Konzerne und Unternehmer, die Profite machen, während das Leben immer teurer wird. Wir müssen auf eine Wirtschaft hinarbeiten, die ohne diese auskommt, was auch heißt von Enteignungen zu sprechen. Bei der Wohnungsfrage geht es bei uns nicht darum, der arbeitenden Bevölkerung ein paar Zuschüsse zu leisten, vielmehr muss infrage gestellt werden, wer die Wohnungen überhaupt sein Eigentum nennt und wieso. Und diese Eigentumsfrage stellt momentan nur die Partei der Arbeit. Darüber hinaus gibt es auch große Differenzen bei Fragen der internationalen Solidarität und der Einschätzung des grassierenden Militarismus. Die KPÖ setzt sich zwar für ein neutrales Österreich ein, in den momentan tobenden globalen Konflikten schafft sie es aber nicht, eine konsequente Haltung einzunehmen. So wurden und werden in der KPÖ palästinasolidarische Stimmen unter Druck gesetzt und auch bei der Beurteilung des Kriegs in der Ukraine will die KPÖ ja nirgends anecken. Die KPÖ orientiert sich außerdem sehr stark auf Wahlerfolge und selbst dort wo sie stark ist, unternimmt sie keine Versuche die Arbeiterklasse zu organisieren, was die grundlegendste Aufgabe einer kommunistischen Partei wäre, sondern zieht sich stattdessen auf eine Almosenpolitik zurück.
Gibt es internationale Vorbilder für deine Arbeit auf kommunaler Ebene?
In Griechenland gibt es mit der KKE eine starke kommunistische Partei, die auch in Wahlen erfolgreich ist und dementsprechend in den kommunalen Gremien vertreten ist und sogar mehrere Bürgermeister stellt. In den Gemeinden, in denen die Partei verankert ist, zeichnet sie sich durch vielseitige Aktivitäten aus. Beispielsweise sind es gesetzliche Spielräume, die die Bürgermeister nutzen, um Verbesserungen für die Bevölkerung zu erwirken und es sind auch karitative Aktionen wie von der Partei veranstaltete Armenspeisungen. Das Besondere am Zugang der KKE ist aber, dass sie darüber hinaus die Orientierung auf eine revolutionäre Überwindung des Kapitalismus nicht aufgegeben hat. Dieser Zugang wird auch in der alltäglichen Praxis sichtbar, denn die Partei organisiert sich gemeinsam mit kämpferischen Gewerkschaftsgliederungen, Studierendenverbänden, Frauenorganisationen und weiteren emanzipatorischen Kräften in nach Stadtteilen und Nachbarschaften gegliederten Volkskomitees. Diese Komitees sind Orte des politischen Austauschs, der Diskussion, der Bewusstseinsbildung und der gelebten Solidarität. Dort werden auch unorganisierte Menschen aktiviert und in die politischen Kämpfe miteingebunden. So werden in den Volkskomitees beispielsweise selbstorganisiert Sachspenden gesammelt, um Menschen in Lebenskrisen zu unterstützen, oder es werden Blockaden organisiert, wenn jemandem die Stromleitung abgedreht werden soll. Die Volkskomitees sind aber auch ein Ort für kostenlosen Zugang zu Kultur, es werden Vielfach Konzerte, Filmeabende und Diskussionsrunden veranstaltet. Zudem wird für Migranten und Migrantinnen Sprachunterricht angeboten, damit diese am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, wobei aber wiederum der politische Austausch und die Diskussion dort nicht zu kurz kommen, immerhin heißt es dort im Lehrbuch „G wie Gewerkschaft“.
Warum braucht Wien eine starke kommunistische Vertretung in den Bezirksparlamenten?
Ein Großteil der Bevölkerung ist mit den bereits skizzierten Problemen und den derzeitigen politischen Entwicklungen nicht einverstanden. Entsprechende systemkritische Stimmen lassen sich dennoch in der Öffentlichkeit kaum vernehmen, weshalb es eine starke kommunistische Bewegung auf allen Ebenen und in allen Institutionen braucht. Wir sind aber nicht einfach auf Stimmenfang, um aktuelle Probleme anzusprechen, sondern wollen eine klassenkämpferische Bewegung aufbauen, die solche Themen auch auf die alltäglichen Bereiche herunterbricht. Die Selbstorganisierung der arbeitenden Bevölkerung ist unser wichtigstes Anliegen. Und diese beginnt nun Mal in kleinem Rahmen. Sei es in den Betrieben oder auch in den Grätzeln und Bezirken, in denen die Menschen leben. Eine Stimme für die Partei der Arbeit stärkt österreichweit eine solche Bewegung und ein Sitz in der Bezirksvertretung ermöglicht es uns, diesen als Sprachrohr zu nutzen.
Wie willst du Menschen überzeugen, die dem Kommunismus skeptisch gegenüberstehen?
Die Überzeugungsarbeit möchte ich ganz praktisch leisten, indem ich Positionen vertrete, mit denen ich konsequent für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung einstehe. Es gibt viele Gründe, weshalb Menschen eine Skepsis gegenüber dem Kommunismus haben. Einer davon ist die Angst, dass ihnen durch unsere Politik etwas weggenommen werden könnte. Eine kommunistische Gesellschaftsform hätte aber große Vorteile für die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft. Diese würde von einem staatlich ausfinanzierten Gesundheits- und Bildungswesen, von garantierten Arbeitsplätzen und von gesichertem Wohnraum profitieren. Dass das möglich ist, haben bereits die sozialistischen Staaten des 20. Jahrhunderts bewiesen. Der ganze Mehrwert, der derzeit von den Kapitalisten abgegriffen wird, könnte in einer vernünftigen Gesellschaftsordnung der Gesellschaft als Ganzes zugutekommen. Dass die extrem Reichen, die von der Arbeitsleistung anderer leben, dabei etwas zu verlieren haben, liegt auf der Hand. Für die breite Masse der Bevölkerung wird sich allerdings der Lebensstandard erhöhen und die Gesellschaft wird eine Demokratisierung erfahren. Ein falsches Bild vom Kommunismus haben zudem viele aus den Medien und den veröffentlichten Meinungen eingetrichtert bekommen, denn von der EU wird Faschismus und Kommunismus immer wieder verglichen und gar gleichgesetzt, obwohl es sich um komplett gegensätzliche Gesellschaftssysteme handelt. Dies geht soweit, dass sogar der riesige Anteil der Roten Armee an der Befreiung Österreichs vom Faschismus relativiert oder sogar geleugnet wird.
Wie kann eine kommunistische Politik im Kleinen eine größere gesellschaftliche Veränderung bewirken?
Eine kommunistische Politik zielt nicht darauf ab, für die Menschen Politik zu machen, sondern mit ihnen. Wir stehen also dafür ein, dass die arbeitende Bevölkerung im Kleinen, das heißt am Arbeitsplatz und am Wohnort selber aktiv wird. Erst durch eine Organisierung der arbeitenden Bevölkerung kann den Mächtigen eine wirkliche Gegenmacht entgegengesetzt werden. So heißt es in einem berühmten Arbeiterlied: „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“. Wenn die Arbeiterklasse sich dieser Macht bewusstwird, dann kann sie so auch für Verbesserungen kämpfen und politische Veränderungen im Großen durch Streiks und andere Kampfmaßnahmen bewirken. Der Aufbau einer gerechten und sozialistischen Gesellschaft muss also im Kleinen beginnen und die Partei der Arbeit ist ein Angebot an die Bevölkerung an der Organisierung dieser Veränderungen mitzuarbeiten.