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Bierpartei: Antidemokratisch und asozial

Satireschmäh, PR-Projekt, Egomanie – Dominik Wlaznys “Bierpartei” taumelt vor der NRW zwischen Naivität, innerparteilicher Diktatur und asozialen Positionen. Was daran “links” sein soll, bleibt geheim.

Eigentlich war’s ursrpünglich ja nur “a b’soffene G’schicht”, als Dominik Wlazny (Künstlername: Marco Pogo) 2015 in Wien-Simmering die “Bierpartei” (BPÖ, BIER) aus der Taufe hob. Wlazny ist Kopf und Frontman der Band “Turbobier”, die seit 2014 mit deutschösterreichischen Punkrock-Songs im Wesentlichen das Thema Alkoholmissbrauch bearbeitet. Bei diesen Bemühungen werden weder Künstler noch Publikum allzu sehr gefordert, musikalisch und lyrisch ist ordentlich Luft nach oben. Größter Hit war ein Helene Fischer-Cover, “Arbeitslos durch den Tag”, in dem v.a. beschäftigungslose Menschen diffamiert werden – wahrlich, sehr lustig.

Aber zurück zur Partei. Diese war zunächst eher ein Satireprojekt oder, richtiger: eine Spaßpartei – bei der Nationalratswahl 2019 reicht das nicht, denn wer soll Ibiza toppen? Also verspricht man für Wien einen Bierbrunnen, ansonsten sollen die Band und deren Merchandise promotet werden. Denn Wlazny, eigentlich studierter Mediziner, besitzt auch ein Unternehmen, “Pogo’s Empire”, eine GmbH, die gleichzeitig die Turbobier-Musik verlegt und vermarktet, aber auch das eigene “Turbobier”-Bier vertreibt (erhältlich bei Spar, durchaus trinkbar). Mit dem Bierparteischmäh kam man kostenlos in die Medien – und das kann sich ein Unternehmer nur wünschen. Bei den Wiener Bezirksvertretungswahlen 2020 erreichten Wlaznys Listen mit Spott- und Proteststimmen sodann tatsächlich einige Mandate, nämlich in elf verschiedenen Bezirken.

Im Zuge der Präsidentschafstwahl 2022, als das Angebot aufgrund der fixen VdB-Wiederwahl reduziert war, roch Wlazny Lunte und bemühte sich, die Scherzpartei etwas seriöser zu positionieren, also zu politisieren. Allerdings blieb vieles schwammig und unausgegoren, man merkt Wlazny an, dass er bei vielen Themenbereichen weitgehend ahnungslos oder zumindes recht naiv ist (aber er arbeitet an sich). Seit dem wenig aussagekräftigen guten Ergebnis bei der Präsidentschaftswahl (8,3 Prozent, dritter Platz) bemühen sich diverse Medien, die Bierpartei weiter zu hypen und in den Nationalrat zu schreiben. Der geschmeichelte Wlazny ließ sich nicht lange bitten und deshalb kandidiert seine Liste nun bei der Parlamentswahl am 29. September – mit realistischen Chancen auf Mandate.

Im Allgemeinen werden Wlazny und die Bierpartei stets als “links” oder zumindest “linksliberal” geframt. Offenbar genügt es, wenn die Haare ein bisserl länger sind als bei der Hitlerjugend und nicht dauernd auf Ausländer geschimpft wird – und schon ist man “links”. Einer genaueren Betrachtung hält diese Einordnung kaum stand.Wlazny äußerte sich u.a. gegen eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung, gegen eine Erbschaftsteuer (ab 1,5 Millionen Euro), aber für ein höheres Pensionsalter sowie eine private Pensionssäule. Gegen Teuerung und Arbeitslosigkeit fällt ihm nix ein, aber die EU ist super und die ukrainische Eskalation ist es auch. Besonders links wirkt das nicht – mit Wlaznys Programm kann man jederzeit problemlos mit der ÖVP koalieren, auch wenn er sich selbst eher eine SPÖ-Nähe zuschreibt. Aber wer weiß? Vielleicht braucht man die Bierpartei ja noch? Es könnte um knappe Mehrheiten gehen.

Die Partei selbst ist übrigens ein Unding. Nun ist schon klar, dass Bandleader Wlazny eine Ego-Show abziehen muss, die nur auf ihn selbst fokussiert. Na eh. Trotzdem neigt Wlazny auf der Metaebene zu einer recht ungbegründeten, tendenziell doch wenig sympathischen Überheblichkeit. Noch wichiger ist: Das Parteistatut ist dermaßen undemokratisch, dass andere Mitglieder nicht einmal die theoretische Möglichkeit haben, mitzureden oder gar mitzuentscheiden. Alle Macht liegt beim vierköpfigen Vorstand, bestehend aus Wlazny, dessen Vater sowie einem Kassier und Schriftführer – und bei Stimmengleichheit gibt der Vorsitzende Wlazny den Ausschlag. D.h. er und sein Papa haben die Bierpartei faktisch diktatorisch in der Hand, die normalen Mitglieder dürfen nicht einmal einen Antrag stellen, können absolut nichts beeinflussen. Trotzdem hat man anscheinend 10.000 Mitglieder gefunden, die aber eben nur als Financiers, Statisten und Fußvolk dienen sollen. Ein strukturell überaus bizarres Konstrukt, das irgendwo zwischen Frank Stronach und dem Schah von Persien angesiedelt ist. Hier ist man nicht „Teil einer Reformbewegung“, sondern Teil einer Inszenierung. Die berechtigte Frage lautet jedenfalls: Soll man einen Mann ins Parlament wählen und demokratiepolitische Aufgaben anvertrauen, wenn er selbst in seiner Partei keinerlei Demokratie zulässt und streng antidemokratisch agiert?

Es ist schwer zu sagen, was Dominik Wlazny wirklich will. Treibt er nur die “Pogo’s Empire”-PR auf die Spitze, um zusätzliche Profite abzugreifen? Oder will er mit seiner politischen Tätigkeit tatsächlich ein neues Geschäftsfeld eröffnen? Aus Langeweile? Aus Größenwahn? Weil’s eh schon wurscht ist? Faktum ist: Inhaltlich haben Wlazny und die Bierpartei nichts vorzuweisen, was man als eigenständigen sinnvollen Beitrag zum politischen Diskurs werten könnte. Vermutlich ist Wlazny kein schlechter Mensch, durchaus mit einem Gewissen ausgestattet. Aber er hat keine Ahnung von den gesellschaftlichen, ökonomischen und internationalen Problemen und v.a. deren tieferen Ursachen, sondern er gibt sich naiv menschenfreundlich, was aber bei der notorischen Wirtschaftsfreundlichkeit schon wieder aufhört – natürlich, er ist ja Unternehmer, nicht Arbeiterklasse.

Möge der Spuk am 29. September sein Ende haben! Vielleicht kann Wlazny sich dann wieder in Marco Pogo verwandeln und künstlerisch weiterentwickeln. Den anderen Bandmitgliedern ist sicher schon fad geworden. Aber die haben vermutlich auch nix mitzureden.

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