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Impfwettlauf und imperialistische Gegensätze

EU vs. UK in Sachen Impfkampagne: Beide Mächte kämpfen gegen einen Gesichtsverlust – ohne humanitäre Argumente.

Brüssel/London. Die Drohungen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass es Möglichkeiten des Exportverbotes für den Impfstoff von AstraZeneca gäbe, blieben nicht unbeantwortet. Sie machte den Anspruch der EU im Impfwettrennen deutlich und schreckt vor eine Machtdemonstration gegenüber Großbritannien, aber auch anderen Teilen der Welt nicht zurück. Dies ist recht ungewöhnlich, nachdem die Europäische Union ihren eigentlichen Charakter als ein Bündnis im Dienste der Banken und Konzerne vielfach versucht zu verschleiern, indem sie als ein Friedensbündis dargestellt wird.

Aber auch das Vereinigte Königreich scheint die Position gegenüber den einstigen Mitstreitern der EU bei seinen Förderungen und Vertragsabschlüssen mit AstraZeneca bedacht zu haben. Reuters zufolge hat AstraZeneca Brüssel mitgeteilt, dass das Vereinigte Königreich eine Klausel in seinem Liefervertrag verwendet, die Exporte seiner Impfstoffe verhindert, bis der britische Markt vollständig bedient ist, so EU-Beamte. Dies erscheint logisch, da man nach dem Brexit keinen Gesichtsverlust im Inneren, aber auch nach außen riskieren kann.

Währenddessen scheint ein EU-Beamter auch schon den Schuldigen gefunden zu haben. Reuter gegenüber hält er fest: „Das Vereinigte Königreich ist nicht schuld. Die EU ist nicht schuld. Es geht darum, dass alle eine Einigung mit einer Firma finden, die ihre Produktionskapazität überverkauft hat. AstraZeneca muss die Dosen an seine EU-Kunden liefern.“ Gleichzeitig stärkt er mit solchen Aussagen aber die Legitimität der Forderungen der EU. Nachdem nun die EU bei der Einführung von Impfstoffen hinter Großbritannien und die USA zurückgefallen ist, will sie bei einem Gipfel am Donnerstag ein mögliches Verbot von Impfstoffexporten nach Großbritannien diskutieren. Mit Stand vom 20. März wurden in Großbritannien fast 44 Impfstoffe pro 100 Menschen verabreicht, während in der EU etwa 13 Impfungen pro 100 Menschen verabreicht wurden, so die öffentlichen Daten, die von der Website Our World In Data zusammengestellt wurden. Es geht auch hier um einen Gesichtsverlust und Glaubwürdigkeit nach innen und außen, denn der prognostizierte Kollaps, den der Brexit mit sich bringen sollte, bleibt (noch) aus und somit macht man sich natürlich Sorgen, dass weitere Staaten dem Beispiel eventuell folgen könnten und der „Konsens“ der EU brüchig werden könnte. 

Die Europäische Kommission koordiniert bekanntlich die Impfstoffbestellung für die 27 EU-Länder. Reuters gegenüber hielt ein Beamter im Zusammenhang mit den Lieferengpässen von AstraZeneca fest, dass für ihn der entscheidende Punkt die Gegenseitigkeit sei. Die EU habe seit Ende Jänner ca. 35 Millionen Dosen vom begehrten Impfstoff exportiert, davon seien zehn Millionen nach Großbritannien gegangen. Gleichzeitig habe Großbritannien keine exportiert, obwohl zwei britische Einrichtungen im EU-Vertrag mit AstraZeneca angeführt seien. Folglich schickte die EU-Exekutive vergangene Woche ein Aufforderungsschreiben an das Unternehmen – der erste Schritt in einem Streitverfahren.

Auf der gestrigen Pressekonferenz der EU-Zuständigen zur Causa heißt es, man befände sich in Gesprächen mit Großbritannien in dieser Angelegenheit, aber es wurden keine weiteren Details preisgegeben. Weiters wird von Anrufen von Johnson bei der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron berichtet. Auch von dieser Seite gibt es keinerlei Informationen.

Frankreich, Deutschland und Italien für strenge Reaktion der EU

Als Befürworter von Exportbeschränkungen zeigen sich Frankreich, Deutschland und Italien diesbezüglich offen. Auch hier ist die Rede davon, dass Gegenleistungen ausbleiben würden. Länder wie die Niederlande, Belgien oder Irland sind vorsichtiger, wenn es darum geht, das Vereinigte Königreich abzuschneiden. Der irische Premierminister Michael Martin sagte hierzu: „Ich bin sehr dagegen, ich denke es wäre ein sehr rückwärtsgewandter Schritt.“

Die EU hat bisher eine Lieferung von Impfstoffen nach Australien blockiert. Ein EU-Beamter sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag, dass der Block die Forderungen der britischen Regierung zurückweist, den Impfstoff von AstraZeneca, der in einer Fabrik in den Niederlanden hergestellt wird, zu liefern, obwohl die Firma keinen formellen Exportantrag gestellt habe.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiter entwickelt und ob der Schritt des Exportstopps tatsächlich gegangen wird. Gesundheitliche Argumente scheinen wie so oft im Zusammenhang mit der Pandemie keine Rolle zu spielen. Das Aussetzen von Patenten oder ähnliches wir natürlich nicht einmal angedacht, um den Impfstoffbedarf zu decken. 

Quelle: ORF/ORF/Reuters

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