Verluste im Geschäftsjahr 2019/2020 sowie Uneinigkeiten über die wirtschaftliche Orientierung des Unternehmens werden wohl dazu führen, dass der Mischkonzern aufgeteilt wird.
Bereits im Juni 2020 berichteten wir, dass das Elektronikkonglomerat Kapsch im letzten Geschäftsjahr 48,1 Millionen Euro Verluste verzeichnete. Zurückzuführen ist das nicht vorrangig auf die Pandemie. Vielmehr waren es ausbleibende Gewinne unter anderem in Deutschland und Tschechien für die Mautsparte des Mischkonzerns, Kapsch TrafficCom AG, die für die roten Zahlen sorgten. In Tschechien wurde das LKW-Mautsystem nicht verlängert und in Deutschland untersagte der Europäische Gerichtshof die Einführung einer Ausländermaut für PKWs. Auch in Sambia und Südafrika musste Kapsch Projekte beenden und Tochtergesellschaften auflösen, wobei auch Arbeitsplätze vernichtet wurden. Firmenchef Georg Kapsch erklärte zwar, dass die Verluste zu verkraften seien, die Weiterführung des Konzerns in bestehender Form jedoch sinnlos sei.
Georg Kapsch, Urenkel des Gründers Johann Kapsch, sitzt gemeinsam mit seinem Bruder Kari Kapsch sowie dem Manager Franz Semmernegg im Vorstand des Konzerns. Auch ihre Schwester Elisabeth Kapsch und die insgesamt sieben Kinder der Geschwister sind in die operative Leitung des Unternehmens eingebunden. Es ergibt sich also ein kompliziertes und verschachteltes Konstrukt aus mehreren Untersparten, finanziert von verschiedenen Familien- und Privatstiftungen. Doch dieses System soll so nun nicht mehr weiterzuführen sein. Erstmals 2018 wurden Uneinigkeiten zwischen Georg und Kari Kapsch publik: Georg Kapsch war bemüht, CarrierCom, die Telekom-Sparte des Konzerns, an die Linzer IT-Firma S&T zu verkaufen, welche zu großen Teilen im Besitz des taiwanischen Riesenmonopols Foxconn ist. Sein Bruder Kari Kapsch hat diesen Verkauf – erfolglos – zu verhindern versucht.
Nun soll also die IT-Sparte, BusinessCom, vom restlichen Konzern in Entfernung gebracht werden, also aus der Kapsch-Gruppe ausscheiden. Kari Kapsch wird über private Stiftungen die Mehrheit des IT-Unternehmens halten. Auch die Raiffeisenbank, in Form der Invest Unternehmensbeteiligungs AG, wird sich wohl zu 22% an BusinessCom beteiligen. Der Rest des Kapsch-Konzerns, also vorrangig Kapsch TrafficCom, dessen Hauptgeschäftsfeld Mautsysteme sind, bleibt im Einflussgebiet des älteren Bruders Georg Kapsch. Auch Finanzvorstand Franz Semmernegg wird weiterhin Teil der Kapsch-Gruppe bleiben. Laut dem Vorstand werden durch die Umstrukturierung keine Arbeitsplätze vernichtet werden. Die Glaubwürdigkeit dieser Garantie ist jedoch fraglich: Erst letztes Jahr wurden vom Konzern zirka 400 Stellen gestrichen, hauptsächlich bei Tochtergesellschaften in Sambia und Südafrika.
Quelle: derstandard.at