Der begonnene Sommertourismus sorgt in Sankt Wolfgang für einen neuen Corona-Cluster. Nun wird endlich fleißig getestet, doch der Schaden ist bereits angerichtet.
Oberösterreich. Die Infektionslage in St. Wolfgang im Salzkammergut verschlimmert sich weiter. Inzwischen sind in der 2.700-Einwohner-Gemeinde 53 Personen positiv auf das Corona-Virus getestet worden und befinden sich dementsprechend in Quarantäne, die Ergebnisse hunderter weiterer Testabstriche stehen aber noch aus. Nachdem Oberösterreich in den letzten Wochen schon eine besonders hohe Zahl an Neuerkrankungen aufwies, hat sich damit ein weiterer Hotspot an der Grenze zu Salzburg ergeben. Verantwortlich für die Situation ist der Sommertourismus, der am Wolfgangsee große Tradition und Bedeutung hat. Das Operettenmotto „Lasst uns Champus trinken mit lächelndem Gesicht!“ ist nun mal keine geeignete Basis für Abstand, Sicherheit und Epidemieeindämmung – zumal das berühmte Hotel und Restaurant zum „Weißen Rössl“ des ehemaligen FPÖ- und LIF-Politikers Helmut Peter mittlerweile auch von den Infektionen betroffen ist.
Infektionspraktikum und Urlaubsquarantäne
Da man in dieser Sommersaison Corona-bedingt kaum auf (billiges) ausländisches Personal setzen konnte, wurden in St. Wolfgang heuer vermehrt Praktikantinnen und Praktikanten aus Gastronomie- und Hotelfachschulen aus verschiedenen österreichischen Bundesländern requiriert. Sie wurden am Arbeitsort zum Gutteil in Mehrbettzimmern untergebracht, um Kosten zu sparen, dürften aber auch selbst ein intensiveres und interaktives Freizeitleben entfaltet haben. Auf diese Weise konnten sich die Infektionen zunächst unter den Tourismusangestellten relativ rasch verbreiten, betroffen sind mittlerweile Mitarbeiter von zwölf Betrieben – Hotels und Restaurants –, zwei Nachtlokale wurden vorerst geschlossen. Die Urlaubsgäste – unter ihnen gibt es erst eine aktuell bekannte Erkrankung – sind angehalten, auf ihren Zimmern zu bleiben, Lokalsperrstunden wurden vorverlegt. Natürlich sind einige Menschen, infiziert oder nicht, abgereist, dafür sind erste Stornierungen eingetroffen. Insgesamt dürfte der Infektionsherd einen weiteren schweren Schlag für die regionale Tourismusbranche darstellen. Es wird heuer und in Zukunft nicht leicht zu verkaufen sein, dass man „im Salzkammergut gut lustig sein“ kann.
Versagen von Regierung und Behörden
In St. Wolfgang rächt sich, dass die von der zuständigen Tourismus-Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) versprochenen großflächigen Screenings in Urlaubsregionen offensichtlich in dieser Form nicht stattfinden. Das erste positive Testergebnis von St. Wolfgang ist auf eine Frau zurückzuführen, die bereits CoViD-19-Symptome aufwies und deshalb getestet wurde – mit dem großspurig angekündigten Testprogramm der Bundesregierung hatte dies abermals nichts zu tun. Dieses neuerliche politische Versagen wird am Wolfgangsee einige Betriebe in große Schwierigkeiten bringen, die Gefahr von Pleiten erhöhen, Einkommensverluste bedeuten und Arbeitsplätze kosten. Dass die Regierung versucht, trotz nicht überstandener Epidemie die Profite der Tourismusindustrie durch eine bedenkenlose Öffnung zu sichern, anstatt die Bevölkerung, die Angestellten und die Gäste effizient zu schützen, stellt ihrer Prioritätensetzung kein gutes Zeugnis aus – und führt erstrecht zur Verschärfung der wirtschaftlichen und Gesundheitskrise. Es bleibt zu hoffen, dass St. Wolfgang nicht das neue Ischgl wird und mit Hilfe des Tourismus das Virus in seiner Ausbreitung unterstützt. Die bisherigen politischen Verlautbarungen lassen nichts Gutes erwarten: Man habe selbstverständlich alles richtig gemacht und alles im Griff. Wie meint der Kaiser in Bernatzkys Singspiel? „´S ist einmal im Leben so…“
Quelle: ORF