Seit 1. September 2022 stünde jedem Schwein in Österreich per Gesetz ein physisch angenehmer und sauberer Liegeplatz zu – doch die Realität sieht anders aus.
Wien/Baden. Was bei Menschenrechten undenkbar wäre, ist bei Tieren gang und gäbe. Es werden Bestimmungen eingeführt, die die Tiere schützen sollen, doch in der Praxis werden sie ignoriert. Ein eklatantes Beispiel dafür ist Punkt 2.1 in Anlage 5 der 1. Tierhaltungsverordnung. Dort steht seit 1. September 2022: „Buchten müssen so gebaut sein, dass die Schweine Zugang zu einem physisch … angenehmen Liegebereich haben, … der sauber ist und so viel Platz bietet, dass alle Schweine gleichzeitig [darauf] liegen können.“
Wohlgemerkt, das gilt nicht nur für Neu- und Umbauten, sondern bereits heute für alle Betriebe, die Schweine halten. Doch wo ist auf einem Vollspaltenboden eine physisch angenehme Stelle, wo ist überhaupt ein Liegebereich, inwiefern ist der sauber, wenn er vollkommen verkotet ist, und wo ist der Platz, der den Schweinen geboten wird, sodass alle gleichzeitig nebeneinander darauf liegen können? Nein, diese Bestimmung wird praktisch flächendeckend nicht eingehalten, aber niemanden scheint es zu interessieren.
Deshalb hat der Verein gegen Tierfabriken (VGT) jetzt bereits die fünfte Anzeige gegen einen Schweinebetrieb eingebracht, der sich nicht an diese Bestimmung hält, diesmal gegen jenen in Seibersdorf (Bezirk Baden, NÖ), den der VGT letzte Woche aufgedeckt hat. Eigentlich wären die zuständigen Bezirkshauptmannschaften verpflichtet, der Betriebsleitung aufzutragen, umgehend einen derartigen Liegebereich einzurichten. Doch nichts dergleichen geschieht.
Allerdings besteht Hoffnung. Die Tierschutzombudsschaften haben die Möglichkeit, so ein Verfahren wegen Übertretung dieser Bestimmung bis zum Verwaltungsgerichtshof durchzuziehen. Dann würde auf höchster Ebene entschieden, ob ein Vollspaltenboden mit scharfkantigen Betonspalten ohne Stroheinstreu und 0,55 Quadratmeter Platz pro 85 kg Schwein diese Bestimmung überhaupt einhalten kann.
Quelle: VGT via OTS