Gaza. Während die westliche Wertegemeinschaft über diplomatische Floskeln nicht hinauskommt, verhungert die Zivilbevölkerung im Gazastreifen systematisch. Was derzeit in Gaza geschieht, ist kein „humanitäres Versagen“, keine „Tragödie“, kein „Zustand außer Kontrolle“ – es ist eine gewollte, präzise durchgesetzte Strategie der Aushungerung. Mitten in einem belagerten Küstenstreifen, wo zwei Millionen Menschen ums Überleben kämpfen, wird Hunger zur Waffe, zur Methode der Kriegsführung, zur stillen Form des Genozids.
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen schlägt erneut Alarm. Laut aktuellen Berichten behandelt die Organisation in Gaza-Stadt und im Küstenort Al-Mawasi bereits über 700 schwangere und stillende Frauen sowie fast 500 Kleinkinder mit akuter Mangelernährung. Die Zahl der Betroffenen hat sich allein in den letzten zwei Monaten vervierfacht. Besonders drastisch trifft es Kinder unter zwei Jahren.
„Der Hunger der Menschen in Gaza ist gewollt“, sagt Mohammed Abu Mughaisib von Ärzte ohne Grenzen. Eine Aussage, die nicht drastisch genug wiederholt werden kann. Diese humanitäre Katastrophe ist das Ergebnis politischer Entscheidungen – Entscheidungen, die den gezielten Entzug von Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung bedeuten. Israel kontrolliert sämtliche Zugänge zum Gazastreifen, und es kontrolliert damit auch das Überleben der Menschen.
Seit März dieses Jahres wurden Hilfslieferungen vollständig blockiert – eine Maßnahme, die nichts anderes ist als ein kollektiver Erstickungsversuch. Erst Ende Mai wurden die Lieferungen minimal gelockert, was nichts an der katastrophalen Lage änderte. Israel begründet diese Blockade mit der Behauptung, die Hamas stehle die Hilfsgüter. Doch Beweise dafür gibt es keine – weder von Seiten der UN noch von unabhängigen Hilfsorganisationen.
Vielmehr zeigt sich ein menschenverachtender Zynismus: Nahrung wird nicht nur rationiert, sondern auch militarisiert. Wer überleben will, muss sich unter die Bedingungen einer Besatzungsmacht stellen, die offenbar jedes moralische Maß verloren hat.
Es ist der blanke Hohn, dass in einer Welt, in der Nahrungsmittel im Überfluss existieren, tausende Menschen in Gaza gezielt vom Essen abgeschnitten werden. Und während multinationale Konzerne ihre Profite mit Rüstung und Wiederaufbauplanung sichern, sterben Kinder an Unterernährung.
Was hier geschieht, ist strukturelle Gewalt im Dienste von Landnahme, ethnischer Säuberung und imperialer Herrschaft. Die Aushungerung Gazas ist ein Akt kolonialer Aggression. Der Hunger hat kein Gesicht, aber seine Täter haben Namen. Und ihre Komplizen sitzen in Regierungen des Westens, in den Konzernzentralen und auch in der österreichischen Bundesregierung, die diese Verbrechen dulden, rechtfertigen und schlichtweg ignorieren.
Schluss mit der Komplizenschaft. Die palästinensische Bevölkerung hat ein Recht auf Leben.
Quelle: junge Welt