Die SPÖ hatte federführenden Anteil an der Zerstörung des österreichischen „Mobilitätskonzerns“ mit 17.000 Beschäftigten. Gerade heute, wo angesichts der notwendigen Entwicklung von Alternativen zu Verbrennungsmotoren ein solcher Konzern im öffentlichen Eigentum gut zu gebrauchen wäre, muss daran erinnert werden.
Steyr/Graz/Wien. Wenn die SPÖ und der von ihren Funktionären dominierte ÖGB heute so tun, als wäre man vollkommen ohnmächtig gegenüber den Plänen von multinationalen Konzernen wie MAN, so muss zuerst einmal klar gestellt werden, dass die SPÖ es war, die Österreich in eine solche Abhängigkeit vom ausländischen Großkapital gebracht hat.
Die Steyr-Daimler-Puch-AG ist ein gutes Beispiel dafür. Seit 1945 war der Steyr-Daimler-Puch-Konzern mit seinen Hauptstandorten Steyr, Graz, Wien-Simmering und St. Valentin über die der Republik gehörende CA (Creditanstalt-Bankverein) im öffentlichen Eigentum. Eine sehr breite Produktpalette, die vom Fahrrad über Mopeds und Motorräder, PKWs, LKW, Omnibusse, Traktoren, Militärfahrzeuge, Waffen und Panzer reichte, zeichnete den Konzern aus.
Erfolgsgeschichte in mehreren Bereichen
Die Fahrräder und Mopeds waren weltbekannt, es gab sogar einzelne Länder in Afrika, wo Puch eine derartige Monopolstellung hatte, dass der Name für Mofas schlicht Puch lautete. Die Traktorsparte lief im Inland wie am Schnürchen, hatte man doch mit dem Lagerhaus den denkbar größten Vertriebspartner, der noch dazu über die Raiffeisen-Banken auch die Finanzierung der Zugmaschinen organisierte, auch dieser Sektor erzielte aber große Exporterfolge. Die Bussparte produzierte gemeinsam mit Gräf und Stift in Wien Floridsdorf (wo es jahrzehntelang eine kommunistische Betriebsratsmehrheit gab), den sogenannten „Österreichbus“, der vor allem von den Wiener Linien im großen Stil eingesetzt wurde. Die PKW-Produktion brachte nach dem Krieg zwei Modellreihen heraus, den Steyr 2000 sowie das „Volksauto“ Puch 500, das bis 1973 gebaut wurde, und später noch bei Fiat und Zastava weiterlebte…In Folge wurden nur mehr Militärfahrzeuge und der Geländewagen Puch G gebaut. Ein weniger rühmliches Kapitel ist die Waffenproduktion. Großes Aufsehen erregten etwa geplante Panzerlieferungen an das Pinochet-Regime in Chile 1980 und die argentinische Militärdiktatur 1982, die von Bundeskanzler Bruno Kreisky erst nach massiven Protesten auch aus der eigenen Partei gestoppt wurden. Auch die Steyr-Mannlicher-Gewehre sind immer wieder in unrühmlichen Zusammenhängen zum Thema geworden.
Anfang der 1980er-Jahre 17.000 Beschäftigte
Anfang der 1980er-Jahre war die Steyr-Daimler-Puch-AG mit etwa 17.000 Beschäftigten der drittgrößte Industriekonzern Österreichs. Der durchaus erfolg- und ertragreiche Konzern wurde dann sukzessive filetiert und ausverkauft, und auch die CA als Eigentümerin fiel schließlich dem Privatisierungswahn der SPÖ-ÖVP-Regierung zum Opfer. Im Jahr 1991, nach ersten großen Ausverkaufs- und Zerschlagungswelle unter sozialdemokratischer Ägide waren nur mehr 8.900 Beschäftigte übriggeblieben.
Zwar war die ÖVP in dieser Zeit als zweitstärkste Partei auch immer an den jeweiligen Regierungen beteiligt und aus ideologischen Gründen gegen Staatsbesitz, die Privatisierungen erfolgten aber unter sozialdemokratischer Federführung. 1986 holte Bundeskanzler Franz Vranitzky, der selbst einmal stellvertretender Generaldirektor der CA und später Chef der staatlichen Länderbank war, den vormaligen Generaldirektor der VMW-Ranshofen, Rudolf Streicher in die Regierung. Zuvor durfte Streicher für kurze Zeit den Steyr-Daimler-Puch-Konzern leiten, um sich ein genaueres Bild für die bereits geplante Zerstörung des Konzerns zu machen. Unter Streicher als zuständigem Minister erfolgte 1987 die erste große Zerschlagungswelle beim Steyr-Daimler-Puch-Konzern. Ein in Griechenland existierendes Werk wurde verkauft, die in Graz angesiedelten Puch-Marken für Fahrräder, Mofas und Mopeds eingestellt und verkauft. 1990 schließlich folgte der Verkauf der LKW-Sparte samt der Marke Steyr an den deutschen MAN-Konzern, der inzwischen auch die LKW-und Busproduktion von Gräf&Stift in Wien-Floridsdorf gekauft und stillgelegt hatte. die Traktorenproduktion wurde 1990 an den US-amerikanischen Case-Konzern verkauft, im selben Jahr erfolgte der Verkauf der Bussparte an den schwedischen Konzern Volvo.
Auf den Chefsessel des übriggebliebenen Konzerns setzte sich Rudolf Streicher ab 1992 schließlich wieder selbst, bis er 1998 sein Zerstörungswerk mit dem Verkauf an Frank Stronach krönte, nicht ohne sich dann später noch selbst Anteile an der Motorenproduktion zu sichern, die er schließlich an eine chinesische Investorengruppe verscherbelte. Auch die Panzerproduktion fand ein ähnliches Ende mit Management-buy-out und späterem Verkauf an einen US-amerikanischen Rüstungskonzern.
SPÖ zerstörte österreichischen „Mobilitätskonzern“
So hatte die SPÖ also federführenden Anteil an der Zerstörung des österreichischen „Mobilitätskonzerns“ schlechthin. Gerade heute, wo angesichts der notwendigen Entwicklung von Alternativen zu Verbrennungsmotoren ein solcher Konzern im öffentlichen Eigentum gut zu gebrauchen wäre, muss daran erinnert werden. Ebenso erscheint es absurd, angesichts des anhaltenden Fahrradbooms keine Fahrräder mehr in Österreich zu produzieren (sieht man von Luxusmarken ab), oder nicht längst E‑Mofas und dergleichen zu haben.
MAN will Steyr verlassen, das wird wohl auch kaum auf Dauer zu verhindern sein. Aber sie sollten die Schlüssel dalassen. Denn es bestünde – politischen Willen vorausgesetzt – immer noch die Chance, einen neuen österreichischen Mobilitätskonzern in öffentlichem Eigentum entstehen zu lassen. Die Fachkräfte und Forschungskapazitäten sind in Österreich vorhanden.
Quellen: geschichtewikiwien/derstandard/wikipedia/austriaforum/austriaforum