HomeFeuilletonDie Republik Österreich als „Fahnenjunker“ Israels

Die Republik Österreich als „Fahnenjunker“ Israels

Gastbeitrag von Gerhard Oberkofler, geb. 1941, Dr. phil., Universitätsprofessor i. R. für Geschichte an der Universität Innsbruck.

Österreichs derzeitiger Bundeskanzler Karl Nehammer und seine Entourage predigen „Glaub an Österreich!“. Und weil das nicht genug ist, wollen sie einem der bekannteren aus Niederösterreich stammenden Führer nacheifern und gleich diesem einen Flaggenerlass hinausgeben und mit dem Strafrecht durchsetzen. Die Aufmerksamkeit dieser österreichischen Messiasse gilt nicht der „rot-weiß-roten“ Fahne der Republik Österreich, sondern der Fahne Israels. Sie hängt seit Wochen am Bundeskanzleramt der Republik Österreich.

Israels Fahne ist vom österreichischen Zionisten Theodor Herzl (1860–1904) entworfen worden, in der zionistischen Wochenschrift „Die Welt“ vom 4. Juni 1897 abgebildet und fast unverändert von dem am 14. Mai 1948 gegründeten Staat Israel übernommen worden. Sie zeigt auf weißem Hintergrund zwischen zwei blauen, an die blauen Schaufäden des Gebetsschals erinnernden Streifen den blauen Davidschild. Der sechszackige Stern (Hexagramm) ist durch zwei ineinander geschobene gleichseitige Dreiecke gebildet und, wie im Lexikon des Judentums nachzulesen ist, als ein „magisches Zeichen unerklärter Herkunft“ in verschiedenen Kulturen verbreitet gewesen und seit dem späten Mittelalter als ein jüdisches Emblem nachweisbar.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am Freitag, 27. Oktober, eine Resolution für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen beschlossen. Diese soll genützt werden, um die katastrophale humanitäre Lage der palästinensischen Bevölkerung zu verbessern. Die Waffenruhe, so der Resolutionstext, soll die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Ende aller Feindseligkeiten in Übereinstimmung mit den Völker- und Menschenrechten schaffen. Israels Handeln wird von den Beschlüssen der UNO in Bezug auf Palästina seit Jahrzehnten negiert. Schon die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen 242 (1967) verlangte eine gerechte Regelung für die palästinensischen Flüchtlinge als eine der Voraussetzungen für einen dauernden Frieden. Und den Rückzug aus den besetzten Gebieten. Stattdessen werden diese von jüdischen, fundamentalistischen Siedlern bevölkert.

Am 27. Oktober haben sich jetzt 120 Mitgliedsländer der UNO, darunter die neutrale Schweiz, für einen sofortigen humanitären Waffenstillstand in Gaza ausgesprochen. Dagegen haben sich 14 Länder ausgesprochen, zu diesen gehörte neben den USA und Israel die „immerwährend neutrale“ Republik Österreich. Dieses Abstimmungsverhalten bedeutet vorbehaltlose Rechtfertigung des völkermörderischen Vorgehens gegen das seit Jahrzehnten in Gaza eingesperrte palästinensische Volk.

Der Sprecher der Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) James Elder hat bei einer Pressekonferenz im Völkerbundpalast in Genf am 31. Oktober in authentischer Kenntnis der Situation erklärt: „Seit den ersten Tagen der beispiellosen Feindseligkeiten im Gazastreifen hat UNICEF unmissverständlich darauf hingewiesen, dass ein sofortiger humanitärer Waffenstillstand erforderlich ist, dass die Hilfe fließen muss und dass entführte Kinder freigelassen werden müssen. Wie viele andere haben auch wir dafür plädiert, das Töten von Kindern zu beenden. Unsere schlimmsten Befürchtungen hinsichtlich der gemeldeten Zahl der getöteten Kinder, die sich innerhalb von nur zwei Wochen erst auf Dutzende, dann auf Hunderte und schließlich auf Tausende belaufen, haben sich bestätigt. Die Zahlen sind erschreckend: Berichten zufolge wurden mehr als 3.450 Kinder getötet und diese Zahl steigt jeden Tag beträchtlich an. Der Gazastreifen ist zu einem Friedhof für Tausende Kinder geworden. Für alle anderen ist es die Hölle auf Erden.“

Die Fahne Israels ist unter den gegebenen Verhältnissen eine Fahne der Unterdrückung, eine Fahne des Völkermordes am palästinensischen Volk. Indem die österreichische Regierung diese Fahne offiziell hisst, ist sie Komplizin der in Gaza verursachten Gräueltaten.

Es ist noch nicht allzu lange her, als in Österreich zwei Flaggen gehisst wurden. Am 12. März 1938 wurden nicht nur vor dem Parlamentsgebäude die rot-weiß-rote Staatsfahne und die Hakenkreuzfahne aufgezogen. Noch ist der Kanzler der Republik Österreich Karl Nehammer nicht ernannter Statthalter der rechtsextremen israelischen Regierung in Österreich, auch wenn er sich als solcher seinem Vorgänger Sebastian Kurz, einem Geschäftsfreund von Netanjahu, nacheifernd anbietet. Mit Heinrich Heine (1797–1856) sind Fahnen nur zu „achten und ehren, wenn sie es verdienen“.

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