HomeFeuilletonGeschichteJános Libényi und die Renovierung der Votivkirche

János Libényi und die Renovierung der Votivkirche

Jahrzehntelang hat es gedauert, die Wiener Votivkirche zu sanieren – für 40 Millionen Euro wurde das Projekt jetzt abgeschlossen. Wir gedenken zu diesem Anlass des Revolutionärs János Libényi (1831–1853), der indirekt für den Bau verantwortlich war.

Wien. Nach einem Vierteljahrhundert ist die Renovierung der Wiener Votivkirche nun abgeschlossen. Nachdem schon zuvor ständige Erhaltungsmaßnahmen notwendig geworden waren, begann im Jahr 2001 die Generalsanierung des Sakralbaus bei der Ringstraße. Die Kosten betrugen rund 40 Millionen Euro. Den Großteil durften katholische Kirchenbeitragszahler begleichen, doch auch Bund und Land beteiligten sich (mit Steuergeld). Diözese und Pfarrer sind begeistert, aber sogar für die Wiener Linke ist die Fertigstellung eine gute Nachricht: Das Hintergrundpanorama des jährlichen internationalistischen Festes am 1. Mai im Sigmund Freud-Park, an dem auch die Partei der Arbeit (PdA) teilnimmt, erscheint nun wieder in vollem Glanz. Herzlichen Dank auch!

Wir nehmen das Ende der Renovierungsarbeiten jedoch zum Anlass für einen historischen Rückblick: Die Votivkirche wurde zwar im gotischen Stil erbaut, allerdings ist es Fake: Die Bauspanne 1856 bis 1879 – übrigens kürzer als die nunmehrige Erneuerung – verweist auf die Zeit des Historismus, als man auf ältere Stile zurückgriff, so auch Architekt Heinrich Ferstel im Falle der Votivkirche. Dass man aber überhaupt einen neuen Dom auf die Fläche neben der Universität stellen musste, hatte seinen Grund im Jahr 1853 und ist mit dem Schneidergesellen János Libényi verbunden. Der 21-jährige Ungar verübte am 18. Februar 1853 auf der Kärntner Bastei ein missglücktes Messerattentat auf den österreichischen Kaiser (und ungarischen König) Franz Joseph. Er wurde überwältigt, verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Als Dank für die Rettung des Kaisers wurde die Votivkirche errichtet.

Wir sehen das Ereignis ein wenig anders. Wir gedenken heute lieber des Revolutionärs János Libényi, der einen Akt des Widerstandes gegen den monarchischen Neoabsolutismus im Habsburgerreich sowie gegen die österreichische Fremdherrschaft in Ungarn setzte. Dieser war in seiner Form freilich untauglich, aber nichtsdestotrotz ein Fanal für den Kampf um Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung. Die Wiener Bevölkerung setzte Libényi bereits bald nach dessen Hinrichtung am 26. Februar 1853 ein musikalisches Denkmal. In Anlehnung an einen älteren Text Johann Nestroys dichtete man ein Spottlied, in dem man vornehmlich beklagt, dass der gerichtete Schneidergeselle bei seinem Attentat einfach allzu schlecht zugestochen hätte…

Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht,

es g’schicht ihm schon recht, warum sticht er so schlecht?

Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht,

mit der Nadel samt dem Öhr, samt dem Zwirn und der Scher’.

Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht,

allen sei es a Lehr, er lebt nimmermehr.

Und Leut’ln hurcht’s auf, der Wind hört schon auf,

gang er allerweil so furt, war ka Schneider mehr durt.

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