HomeFeuilletonSportFormel-1-Rennleitung schützt Ungarns Anti-LGBT-Politik

Formel-1-Rennleitung schützt Ungarns Anti-LGBT-Politik

Weil Sebastian Vettel beim Grand-Prix von Budapest ein T‑Shirt in Regenbogenfarben trug, fasste er seitens des Motorsportverbandes eine (bedingte) Strafe aus – eine Peinlichkeit für die FIA, ein Geschenk an Orbán.

Budapest. Der deutsche Motorsportler Sebastian Vettel wurde beim Formel-1-Grand Prix von Ungarn mit einer Verwarnung der FIA-Rennleitung belegt. Der vierfache Weltmeister (2010–2013) hatte am vergangenen Sonntag vor dem Start unter seinem Rennanzug ein T‑Shirt in Regenbogenfarben mit der Aufschrift „Same Love“ getragen (und zusätzlich auch eine MNS-Maske im selben bunten Design). Dies wurde auch deutlich sichtbar, da die Fahrer vor Rennbeginn ihre Overalls üblicherweise so weit öffnen, dass die Ärmel um die Hüften verknotet werden können und der Oberkörper frei ist. Vettel beließ es dabei auch während des obligatorischen Abspielens der ungarischen Nationalhymne vor dem Start, wobei der 53-fache GP-Sieger auch die Kneeling-Pose einnahm. All dies freilich als klares Bekenntnis gegen Diskriminierung, wobei es Vettel, wie bereits im Vorfeld von ihm und Weltmeister Lewis Hamilton thematisiert, explizit um das viel diskutierte Anti-LGBT-Gesetz des Orbán-Regimes ging.

Nach dem Rennen, das Vettel zunächst auf Rang 2 beendet hatte, wurde der 34-jährige Aston Martin-Pilot zur Rennleitung zitiert, wo die entsprechende Verwarnung für „Fehlverhalten abseits der Strecke“ ausgesprochen wurde – im Wiederholungsfall drohen eine Startplatzversetzung oder sogar eine Sperre. Seitens des Internationalen Motorsportverbandes FIA argumentierte man bezüglich dieser Entscheidung damit, die Fahrer müssten die Hymnen der Veranstaltungsländer respektieren. Diese betont „unpolitischen“ Herren verabsäumten es freilich, hinlänglich zu erklären, inwiefern symbolische Bekenntnisse für gleiche Rechte, für Vielfalt und gegen Diskriminierung mangelnden Respekt bedeuten sollen. In Wirklichkeit stellte sich die heuchlerische Rennleitung mit ihrer Bestrafung Vettels politisch hinter die zutiefst reaktionäre ungarische FIDESZ-Regierung von Viktor Orbán. Für Herrn Orbán mag ein Regenbogenshirt ja ein Affront sein, für alle normalen Menschen ist es das Gegenteil, nämlich ein positiver Ausdruck von Freiheit, Humanismus und gleichen Rechten (auch wenn die Farben bisweilen von den Herrschenden missbraucht werden).

Einige Stunden nach dem Rennen wurde Vettel auch noch der zweite Platz aberkannt. Diese Entscheidung hatte jedoch nichts mit dem Regenbogenshirt zu tun: Formel-1-Fahrzeuge müssen nach der Zieldurchfahrt laut Reglement noch mindestens einen Liter Benzin im Tank haben, bei Vettels Boliden waren es jedoch nur 0,3 Liter. Sebastian Vettel konnte Ungarn trotzdem hoch erhobenen Hauptes verlassen, während die FIA sich in der kommenden Sommerpause vielleicht einmal ihrer Heuchelei und Schändlichkeit widmen sollte.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

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