Die autoritär-mafiöse „Ära Ðukanović“ ist in Montenegro endgültig Geschichte. Nach dem Verlust der Regierungsmehrheit und des Präsidentenamts trat Ðukanović nun auch als Vorsitzender seiner sozialdemokratischen Partei zurück.
Podgorica. Seit 1991 war Milo Ðukanović als mehrmaliger Premierminister und Staatspräsident Montenegros der unantastbare Machthaber in der früheren jugoslawischen Teilrepublik. Dies ist endlich und endgültig vorbei: Nach seiner Niederlage in der Stichwahl um das Präsidentenamt am vergangenen Sonntag legte Ðukanović nun auch seine Funktion als Vorsitzender der „Demokratischen Partei der Sozialisten“ (DPS) nieder. Sein – zunächst interimistischer – Nachfolger ist DPS-Fraktionschef Danijel Živković.
Ðukanovićs Ende war nach 30 Jahren an der Macht zuletzt eines auf Raten: Die Wahlniederlage der DPS bei der Parlamentswahl im August 2020 verbannte diese erstmals in die Opposition, während eine Koalition gebildet wurde, die auf bessere Beziehungen mit Serbien orientierte. Diese Kräfte gaben auch bei der Stichwahl den Ausschlag: Der neue Präsident Jakov Milatović trat zwar für die neue Partei „Europa jetzt!“ an, er war jedoch in besagter Regierung bereits Wirtschaftsminister und verdankt seine nunmehrige Mehrheit der entsprechenden Unterstützung „proserbischer“ Parteien. Und so steht er nun vor der Quadratur des Kreises: Das erklärte Ziel Milatovićs ist der EU-Beitritt Montenegros, doch auch mit Serbien, Russland und China soll es optimierte Beziehungen geben. Vieles wird von den Mehrheitsverhältnissen bei den kommenden vorgezogenen Parlamentswahlen abhängen.
Bei diesen wird Ðukanović bestenfalls noch eine Rolle im Hintergrund der DPS spielen, die voraussichtlich in Opposition verbleiben wird. Eine Regierung ohne „proserbische“ Parteien wird es vermutlich nicht geben. Und so wird Ðukanovićs „Vermächtnis“, der Montenegro 2006 aus dem Staatenbund mit Serbien löste, dem Land 2017 den NATO-Beitritt bescherte, die antiserbische montenegrinisch-orthodoxe Kirche gründen ließ und die eigenständige „montenegrinische Sprache“ erfand, wohl langsam erodieren. Ebenso ist denkbar, dass Ðukanovićs mafiöse Verbindungen zur organisierten Kriminalität (ein offenes Geheimnis) und sein zusammengerafftes Offshore-Vermögen (geleakt in den Pandora Papers) noch ein Thema für die Justiz werden.
Der Westimperialismus, dem der fragwürdige Background und Regierungsstil des Machthabers immer egal war, verliert mit Ðukanović jedenfalls einen engen Verbündeten am Balkan. Für die montenegrinische Bevölkerung ist das eine gute Nachricht.
Quelle: Der Standard / ORF